Entscheidungsstichwort (Thema)
Einfügen eines Bauvorhabens unter dem Aspekt des Maßes baulicher Nutzung (Mehrfamilienhhaus)
Leitsatz (amtlich)
Bei den unter dem Gesichtspunkt der Beschwer durch die erstinstanzliche Entscheidung an die Zulässigkeit der Berufung eines Beigeladenen, hier einer sich gegen ein zur Erteilung eines positiven Bauvorbescheids verpflichtendes Urteil wendenden Gemeinde, unabhängig von Erfolg oder Nichterfolg eines erstinstanzlich angebrachten Antrags zu stellenden Anforderungen ist zu untersuchen, ob dieser durch das Urteil in seinen Rechten „nachteilig betroffen” wird. Dabei sind entsprechend dem Rechtsgedanken des § 42 Abs. 2 VwGO lediglich die Rechtmittel als unzulässig anzusehen, bei denen eine negative rechtliche Betroffenheit des jeweiligen Beigeladenen durch das erstinstanzliche Urteil erkennbar ausscheidet.
Das ist regelmäßig nicht der Fall bei einer sich auf ihre Planungshoheit berufenden Gemeinde, die ihr Einvernehmen (§ 36 BauGB) zur Erteilung eines auf die planungsrechtliche Vorausbeurteilung eines Bauvorhabens zielenden Vorbescheids vor Ablauf der Verschweigungsfrist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB unter Hinweis auf eine aus ihrer Sicht fehlende Genehmigungsfähigkeit am Maßstab des Bauplanungsrechts (§ 34 Abs. 1 BauGB) verneint hat.
Unter dem in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB benannten städtebaulichen Merkmal der überbaubaren Grundstücksfläche lässt der Gesichtspunkt, dass die geplante Baumaßnahme – hier die Errichtung eines Mehrfamilienwohnhauses im straßennahen Bereich vor einem vorhandenen Wohngebäude – zur Entstehung eines „Hinterhauses” auf einem bereits baulich ausgenutzten Grundstück führt, nicht per se den Schluss auf eine städtebaulich unerwünschte Verteilung von Baumassen beziehungsweise ein Nichteinfügen im Sinne der Vorschrift zu.
Beim Vergleich der vorhandenen Bebauung unter dem Aspekt des Maßes der baulichen Nutzung ist vor allem ein Größenvergleich mit den in der Umgebung vorhandenen Baukörpern nach der Grundfläche und der Höhenentwicklung vorzunehmen. Allenfalls sehr bedingt aussagekräftig ist dabei die regelmäßig, insbesondere was Keller- und im Dachraum befindliche Geschosse anbelangt, nur durch abstrakte Berechnungen exakt ermittelbare Anzahl der Vollgeschosse (§§ 20 BauNVO, 2 Abs. 4 LBO 1996, 2 Abs. 5 LBO 2004). Nicht abzustellen ist in diesem Zusammenhang auf die das Merkmal des Maßes der baulichen Nutzung für den beplanten Bereich regelmäßig konkretisierenden relativen Maße der Grund- und Geschossflächenzahlen (§ 16 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BauNVO), weil es sich dabei um für eine Beurteilung im Rahmen des § 34 BauGB ungeeignete Bezugsgrößen handelt, die in der Örtlichkeit nur schwer ablesbar sind und regelmäßig nach Maßgabe der einschlägigen Bestimmungen der Baunutzungsverordnung errechnet werden müssen. Bei der Vergleichsbetrachtung von Rahmen bildenden Gebäuden in der näheren Umgebung und dem Bauvorhaben nach Höhe und Grundfläche sind die Gebäude nicht isoliert voneinander mit Blick (nur) auf eines dieser Merkmale zu betrachten.
Bei der Streitwertbemessung ist für auf die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung eines Mehrfamilienwohnhauses gerichteten Verpflichtungsklagen ein Betrag von 7.500,– EUR je Wohnung in Ansatz zu bringen. Zielt die Klage auf die Erteilung eines positiven Bauvorbescheids zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens, ist ein prozentualer Abschlag von regelmäßig einem Viertel vorzunehmen.
Tenor
Auf die Berufung der Beigeladenen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 29.10.2003 – 5 K 127/02 – abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt der Kläger.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger beabsichtigt die Errichtung eines Mehrfamilienhauses auf seinem Grundstück Parzellen Nr. 133/2 und Nr. 134/6 in Flur 3 der Gemarkung H (Anwesen Dorfstraße 23) in dem Ortsteil H der Beigeladenen. Auf dem Grundstück befinden sich bereits mehrere Gebäude. Dabei handelt es sich um eine straßennahe größere eingeschossige Garagenanlage, ein dahinter liegendes dreigeschossiges Wohnhaus, an das rückseitig ein weiterer 28 m langer Garagentrakt angebaut ist, und schließlich um ein 71 m von der Dorfstraße abgerücktes eingeschossiges Lagergebäude im hinteren Teil der Parzelle Nr. 134/6. Für die zuletzt genannte Anlage hat der Beklagte unter dem 14.12.1999 die Beseitigung angeordnet; von dem Kläger hiergegen eingeleitete Rechtsbehelfsverfahren blieben ohne Erfolg. Ein Bebauungsplan existiert nicht.
Mit Eingang beim Beklagten am 16.11.2001 beantragte der Kläger die Erteilung eines Vorbescheids für den „Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses” am Standort der zum Abbruch vorgesehenen Garagenanlage im straßennahen Bereich. Ausweislich der beigefügten Pläne soll das beidseitig Grenzabstände von mindestens 3 m wahrende, in den Außenmaßen 21,49 m auf 14,99 m große Gebäude ein unterirdisches Kellerges...