Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Anforderungen, die an die Begründung einer durch den Rat einer Gemeinde getroffenen Auswahlentscheidung (hier: Bestellung des Leiters des Rechnungsprüfungsamtes zu stellen sind.
2. Für eine ordnungsgemäße Auswahlentscheidung des Rats einer Gemeinde ist es erforderlich, dass ihm durch den Oberbürgermeister als Grundlage für eine solche am Prinzip des Bestenauslese orientierte Entscheidung hinreichende tatsächliche Gesichtspunkte für eine eigene Eignungseinschätzung bekannt gemacht worden sind. Daran fehlt es, wenn dem Rat ausschließlich solche dienstlichen Beurteilungen vorliegen, die sich auf Aussagen zu den fachlichen Leistungen beschränken und keine für eine Eignungsbewertung relevanten Gesichtspunkte enthalten.
3. Der Rat kann seine Auswahlentscheidung für die Bestellung des Leiters des Rechnungsprüfungsamts – namentlich unter dem Gesichtspunkt der Eignungsbewertung – nicht allein auf den Eindruck stützen, der von den Bewerbern anlässlich der Vorstellung im Rechnungsprüfungsausschuss gewonnen worden ist.
4. Für die Frage der Mitbestimmungspflichtigkeit kann nicht zwischen der vom Rat auszusprechenden Bestellung zum Leiter des Rechnungsprüfungsamts und einer vom Oberbürgermeister vorzunehmenden Umsetzung diffrenziert werden. Vielmehr ist schon in der Bestellung zum Leiter des Rechnungsprüfungsamts eine die Mitbestimmung des Personalrats auszulösende Umsetzung zu sehen, wenn deren Voraussetzungen erfüllt sind.
Normenkette
GG Art. 33 Abs. 2; LBG NRW § 7 Abs. 1; LVO NRW § 2; GO NRW § 104 Abs. 2; LPVG NRW §§ 72, 66
Verfahrensgang
VG Gelsenkirchen (Aktenzeichen 12 L 1312/01) |
Tenor
Bei der Antragsgegnerin, einer Gemeinde, war die Stelle des Leiters des Rechnungsprüfungsamts zu besetzen. Nach Durchführung eines Ausschreibungs- und verwaltungsinternen Auswahlverfahrens sowie der Mitteilung an den Personalrat, welcher der Bewerber für die Besetzung der Stelle vorgesehen sei, wählte der Rat der Antragsgegnerin den Beigeladenen aus. Dagegen suchte der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz nach. Seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordung lehnte das VG jedoch ab. Die dagegen erhobenen Beschwerde hatte Erfolg.
Gründe
Das Vorliegen eines Anordnungsgrunds ist – wie das VG zutreffend festgestellt hat – trotz der noch nicht konkret beabsichtigten Beförderung des Beigeladenen erfüllt, da ein temporärer Bewährungsvorsprung des Beigeladenen durch die Wahrnehmung der Aufgaben des Leiters des Rechnungsprüfungsamts droht.
Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand des vorliegenden summarischen Verfahrens ist es überwiegend wahrscheinlich, dass die von der Antragsgegnerin zugunsten des Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung zu Lasten des Antragstellers rechtsfehlerhaft ist.
Nach der allein möglichen summarischen Prüfung hat die Antragsgegnerin den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers nicht hinreichend beachtet, so dass die erstrebte einstweilige Anordnung in dem im Tenor genannten Umfang erforderlich ist. Die Fehlerhaftigkeit des Auswahlverfahrens und die damit verbundene Möglichkeit der Kausalität des Fehlers für die zu Lasten des Antragstellers getroffene Auswahlentscheidung reicht für den Erfolg des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung aus. Der Antragsteller braucht insbesondere nicht glaubhaft zu machen, dass er unter Zugrundelegung rechtlich bedenkenfreier Handhabung des Verfahrens derjenige gewesen wäre, der zwingend auszuwählen gewesen wäre.
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 4.9.2001 – 1 B 205/01 – und vom 19.10.2001 – 1 B 581/01 –.
Die Fehlsamkeit des Auswahlverfahrens ergibt sich allerdings nicht schon allein daraus, dass es an einer nachvollziehbaren Begründung der zugunsten des Beigeladenen getroffenen Auswahlentscheidung fehlt. In diesem Zusammenhang ist zwar festzustellen, dass eine Auswahlentscheidung regelmäßig den Anforderungen an die Erfüllung des Bewerbungsverfahrensanspruchs unter anderem nur genügt, wenn neben der Betrachtung der Leistung auch und gerade Eignung und Befähigung für die Wahrnehmung der Aufgaben eines Beförderungsdienstpostens auf der Grundlage zeitnaher dienstlicher Beurteilungen (Regel- oder Bedarfsbeurteilungen) bewertet, d. h. nachvollziehbar begründet und gewichtet werden; insbesondere muss die Eignungsbewertung folgerichtig aus dem Leistungs- und Befähigungsprofil entwickelt werden, um auf diese Weise – gerichtsfest – zu dokumentieren, dass dem Grundsatz der Bestenauslese ausreichend Rechnung getragen worden ist.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4.9.2001 – 1 B 205/01 –.
Dass diesen Anforderungen genügt worden ist, ist im Hinblick auf die der Auswahlentscheidung zugrunde liegenden dienstlichen Beurteilungen und die mit keiner aus den Verwaltungsvorgängen ersichtlichen Begründung versehene Auswahlentscheidung des Rats nicht ohne weiteres anzunehmen. Allerdings kommen diese Grundsätze bei Fallkonstellationen der vorliegenden Art – hinsichtlich des Begründungszwangs – nicht...