rechtskräftig
Leitsatz (amtlich)
1. Mangels drittschützender Wirkung des § 9 StrWG NW besteht keine Klagebefugnis eines Straßenbenutzers für das Begehren, Fahrbahnschwellen zu beseitigen.
2. Die in § 9a StrWG NW verankerte Amtspflicht der Bediensteten des Straßenbaulastträgers, die Verkehrssicherungspflicht wahrzunehmen, gibt dem Benutzer einer Straße keine Klagebefugnis für eine gegen den Straßenbaulastträger gerichtete Klage auf Beseitigung von Fahrbahnschwellen (Verkehrssicherungsanspruch).
3. Das Recht auf Anliegergebrauch wird nicht verletzt, wenn ein Straßenanlieger auf (nur) einem der ihm zur Verfügung stehenden öffentlichen Wege, die sein Grundstück mit dem überörtlichen Verkehrsnetz verbinden, mit seinen tiefergelegten Fahrzeugen Fahrbahnschwellen mit einer Höhe von 8 cm oder mehr überqueren muß.
Normenkette
StrWG §§ 9, 9a, 14a; BGB § 823 Abs. 2, § 839; GG Art. 14 Abs. 1, Art. 34
Verfahrensgang
VG Köln (Aktenzeichen 11 K 6447/92) |
Tenor
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks P.-Straße 11 in K. Er begehrt mit seiner Klage die Verurteilung der Beklagten zur Beseitigung von drei auf öffentlichen Straßen aufgebrachten Bodenschwellen in den Ortsbereichen P., W. und R. der Stadt K..
In diesen Ortsbereichen wurden als verkehrssichernde Maßnahmen u.a. auf drei Straßen Bodenschwellen montiert, die – gemessen in Fahrtrichtung – 2,88 m lang und 1,88 m breit sind. Die Höhe der Schwellen ist zwischen den Beteiligten streitig. Während der Kläger behauptet, diese seien bis zu 12 cm hoch, trägt die Beklagte vor, diese seien, wie vom Hersteller vorgesehen, 8 cm hoch. In Ortseingangsrichtung wird unmittelbar vor den Bodenschwellen mit dem Zeichen 274.1 StVO der Beginn einer „30 km/h Zone” angeordnet. Weiterhin steht jeweils vor den Bodenschwellen das Verkehrszeichen 112 („unebene Fahrbahn”).
Der Kläger besitzt zwei Pkw, die tiefergelegt und mit einer härteren als bei Serienfahrzeugen üblichen Federung ausgestattet sind. Mit diesen Fahrzeugen überfährt er regelmäßig die Bodenschwellen. Seine Forderung an die Beklagte, die vorgenannten Bodenschwellen zu beseitigen bzw. so auszugestalten, daß sie auch mit seinen Fahrzeugen gefahrlos mit einer Geschwindigkeit von 30 km/h überfahren werden können, lehnte die Beklagte ab. Klage und Berufung blieben ohne Erfolg.
Gründe
Aus den Gründen:
Die Klage ist unzulässig. Dem Kläger fehlt für sein Begehren auf Beseitigung der Bodenschwellen auf den von ihm bezeichneten Straßen bereits die vom Bundesverwaltungsgericht auch für Leistungsklagen geforderte Klagebefugnis.
BVerwG, Beschluß – vom 23.12.1993 – 11 B 105.93 –, S. 3 des amtlichen Umdrucks; Urteil vom 22.5.1980 – 2 C 30.78 –, BVerwGE 60, 144 (150); Urteil vom 28.10.1970 – VI C 48.68 –, BVerwGE 26, 192 (199).
Ein entsprechender Anspruch kann ihm nämlich von vornherein nach keiner denkbaren Betrachtungsweise zustehen. Es gibt kein subjektiv-öffentliches Recht, auf das sein Begehren gestützt werden könnte.
Ein in ständiger Rechtsprechung unabhängig von seiner dogmatischen Begründung im einzelnen anerkannter Folgenbeseitigungsanspruch würde voraussetzen, daß durch einen hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht ein rechtswidriger Zustand geschaffen worden ist, der noch andauert.
BVerwG, Urteil vom 26.8.1993 – 4 C 24.91 –, BVerwG 94, 100 = NVwZ 1994, 275 = DVBl 1993, 1357 = DÖV 1994, 341.
An einer solchen subjektiv-rechtlichen Rechtsposition fehlt es hier. Die vom Kläger herangezogenen Bestimmungen der §§ 9 oder 9a StrWG NW vermitteln ihm keine subjektiven Rechte; eine Verletzung des Rechts auf Anliegergebrauch, die allein einen Folgenbeseitigungsanspruch begründen könnte, scheidet ebenfalls von vornherein aus.
Es ist anerkannt, daß § 9 StrWG NW keine drittschützende Wirkung entfaltet und keinen Anspruch auf Wahrnehmung der Straßenbaulast in einer bestimmten Art und Weise gibt. Die Straßenbaulast besteht vielmehr – wie das VG zu Recht dargelegt hat – als öffentlich-rechtliche Verpflichtung aus dem Gesetz ausschließlich gegenüber der Allgemeinheit.
OVG NW, Urteile vom 21.7.1994 – 23 A 100/93 –, Seite 8 des amtlichen Abdrucks, und vom 21.9.1966 – IV A 365/66 –, DVBl 1967, 203 (204).
Sie ist beschränkt durch die finanzielle Leistungsfähigkeit des Aufgabenträgers. Dieser muß, wenn die Mittel für die Erfüllung aller Einzelaufgaben nicht ausreichen, abwägen, welche Straßenbau- oder -unterhaltungsmaßnahme er zuerst durchführen will. Dabei hat sich die Reihenfolge der Aufgabenerfüllung bei beschränkten Mitteln wesentlich nach der Verkehrsgewichtigkeit der Straßen und der Größe der Gefahren für den Straßenverkehr zu richten.
Vgl. Fickert, Straßenrecht in Nordrhein-Westfalen, 3. Auflage 1989, § 9 Rdnr. 4; Walprecht/Cosson, Straßen- und Wegegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen, 2. Auflage 1986, § 9 Rdnr. 84; Groebe, NJW 1959, 1195 (1196) mit weiteren Nachweisen.
Die Straßenbaulast stellt sich damit nicht als eine Kehrseite des an ein Fehlverhalten eines einzelnen Beamten anknüpfenden Amtshaftungsanspruchs dar, so daß ein einzelner von vornherein keinen A...