rechtskräftig
Leitsatz (amtlich)
1. Ein mit der Anschrift „Wohnungseigentümergemeinschaft A.” versehener Beitragsbescheid gemäß § 8 KAG ist hinsichtlich der Person des Beitragsschuldners hinreichend bestimmt, wenn die Auslegung des Bescheides ergibt, daß er sich gegen die der Eigentümergemeinschaft angehörenden Miteigentümer richtet.
2. Ein derartiger Bescheid wird mit Zustellung an den Verwalter der Eigentümergemeinschaft wirksam bekanntgegeben: dieser ist insoweit gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 3 WEG berechtigt, die Eigentümergemeinschaft zu vertreten, weil der Beitragsbescheid an alle Eigentümer in dieser Eigenschaft gerichtet ist.
Verfahrensgang
VG Düsseldorf (Aktenzeichen 17 K 5112/86) |
Tenor
Die Kläger sind Eigentümer der Wohnanlage B.-Platz in D., in der sich Eigentumswohnungen befinden. Zum Verwalter des gemeinschaftlichen Eigentums haben die Kläger bzw. ihre Rechtsvorgänger den Steuerberater K. bestellt. Durch Bescheid vom 12.12.83 erhob der Beklagte für den Ausbau von Straßen im Bereich des B.-Platzes einen Straßenbaubeitrag in Höhe von 9.351,96 DM. Dieser Bescheid war adressiert an die „Eigentümergemeinschaft B.-Platz z. Hd. Herrn K.”. Dem Bescheid war als Anlage ein Eigentümerverzeichnis beigefügt, in dem alle Eigentümer mit ihren Anteilen und dem jeweils darauf entfallenden anteiligen Beitrag aufgeführt waren. Der Bescheid wurde dem Wohnungsverwalter K. zugestellt. In einem dem Bescheid beigefügten Anschreiben wurde dieser darauf hingewiesen, daß der Heranziehungsbescheid, der sich gegen die Wohnungseigentümer richte, ihm als Verwalter der Wohnanlage bekanntgegeben werde.
Der gegen den Heranziehungsbescheid gerichteten Klage hat das VG stattgegeben mit der Begründung, daß der Bescheid fehlerhaft sei, weil er sich gegen einen unrichtigen Adressaten – nämlich die Eigentümergemeinschaft – richte. Das Berufungsgericht hat diese Entscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung an das VG zurückverwiesen.
Gründe
Zu Unrecht ist das VG davon ausgegangen, daß der Bescheid vom 12.12.1983 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.10.1986 fehlerhaft sei, weil der Beklagte damit einen unrichtigen Adressaten in Anspruch genommen habe. Allerdings trifft es zu, daß die im Anschriftenfeld des Beitragsbescheides in erster Linie genannte „Eigentümergemeinschaft B.-Platz” nicht Träger eigener Rechte und Pflichten sein kann,
vgl. BGH, Urteil vom 12.5.1977 – VII 167/76 –, NJW 1977, 1686,
und deshalb auch nicht als Abgabenschuldnerin in Betracht kommt. Das bedeutet jedoch nicht, daß der angefochtene Bescheid insoweit „ins Leere geht”. Für die Feststellung, gegen wen sich ein Beitragsbescheid richtet, kommt es nicht darauf an, wer in der Anschrift als dessen Adressat benannt ist. Maßgeblich ist vielmehr der Gesamtinhalt des Bescheides: Belastet ist derjenige, der von dem Bescheid dem Inhalt nach betroffen ist.
Vgl. BFH, Urteile vom 12.8.1976 – IV R 105/75 –, BStBl II 1977, 221, vom 27.4.1978 – IV R 187/74 –, BStBl. II 1979, 89 und vom 28.3.1979, BStBl. II 1979, 718.
Wer in diesem Sinne „Inhaltsadressat” ist,
vgl. zu diesem Begriff Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Kommentar, Tz. 2 zu § 122,
muß sich allerdings mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Bescheid ergeben (vgl. §§ 119 Abs. 1, 157 Abs. 1 S. 2 AO 1977 iVm § 12 Abs. 1 Nr. 3 b und Nr. 4 b KAG). Hierzu bedarf es indessen nicht etwa einer ausdrücklichen Benennung des Schuldners im Tenor des Bescheides. Vielmehr ist diesem Bestimmtheitserfordernis bereits dann genügt, wenn der Inhaltsadressat durch Auslegung ermittelt werden kann, wobei vorhergehende Bescheide und beigefügte Unterlagen zur Auslegung herangezogen werden können.
Vgl. BFH, Urteil vom 16.10.1990 – VII R 118/89 –, BFHE 162, 13 mit weiteren Nachweisen.
Dabei kommt es im Rahmen der Auslegung nicht darauf an, wie ein außenstehender Dritter die Erklärung der Behörde auffassen mußte; entscheidend ist vielmehr, wie der Betroffene selbst nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte.
Vgl. BFH, Beschluß vom 25.8.1981 – VII B 3/81 –, BFHE 134, 97 und Urteil vom 30.9.1988 – III R 218/84 –.
Die unter Berücksichtigung dieser Grundsätze vorzunehmende Auslegung des Bescheids vom 12.12.1983 ergibt, daß dieser sich nicht gegen eine eigenständige Personenmehrheit „Wohnungseigentümergemeinschaft B.-Platz” richtet, sondern gegen deren Mitglieder, die Kläger. Hierauf weist zunächst der Inhalt des Bescheides, nämlich die darin enthaltene Formulierung, daß Wohnungs- und Teileigentümer nach dem Wohnungseigentumsgesetz als Gesamtschuldner hafteten. Dieser Formulierung mußten die Kläger entnehmen, daß sie nach dem Willen des Beklagten jeweils als Miteigentümer in Person haften sollten; andernfalls wäre der Hinweis auf die – eine Mehrzahl von Schuldnern voraussetzende – Gesamtschuldnerschaft (vgl. § 421 S. 1 BGB) fehlgegangen. Dem entspricht es, wenn der Beklagte dem Bescheid eine Anlage beifügte, in der er die einzelnen Miteigentümer unter Angabe des jewe...