Entscheidungsstichwort (Thema)
Personalvertretungsrecht. Antragsrücknahme zwischen den Rechtszügen und in den höheren Instanzen im Beschlußverfahren. Wahlanfechtung
Leitsatz (amtlich)
1. In Personalvertretungssachen, für deren Verfahren die Vorschriften des Arbeitsgerichtsgesetzes über das Beschlußverfahren entsprechend gelten, kann der Antrag jederzeit bis zur Rechtskraft einer ergangenen gerichtlichen Entscheidung zurückgenommen werden.
2. In dem Stadium zwischen dem ersten und dem zweiten Rechtszuge, d.h. nach Erlaß der Entscheidung vor Einlegung eines Rechtsmittels, kann der Antrag ohne Einwilligung der anderen Beteiligten zurückgezogen werden. In den höheren Instanzen setzt die Antragsrücknahme die Einwilligung der anderen Beteiligten voraus.
Normenkette
ArbGG § 81; Nds.PersVG § 85 Abs. 2
Verfahrensgang
VG Hannover (Beschluss vom 26.05.1966; Aktenzeichen PL 10/66) |
Tenor
Das Verfahren ist durch Antragsrücknahme beendet und wird eingestellt.
Der Beschluß des Verwaltungsgerichts Hannover – Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen – vom 26. Mai 1966 ist unwirksam.
Tatbestand
I.
Die Antragsteller haben die Wahl zum Hauptpersonalrat bei dem … angefochten. Sie haben beantragt, die Wahl in der Gruppe der Beamten für ungültig zu erklären, weil u.a. bei der schriftlichen Stimmenabgabe im Wege der Briefwahl ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften vorliege und dieser Verstoß das Wahlergebnis beeinflußt habe. Die Fachkammer für Landes-Personalvertretungssachen des Verwaltungsgerichts Hannover hat die angefochtene Wahl in der Gruppe der Beamten antragsgemäß für ungültig erklärt.
Nach Zustellung des gerichtlichen Beschlusses erklärten die Antragsteller dem Verwaltungsgericht gegenüber in einem von ihnen unterzeichneten Schriftsatz: „Wir nehmen hiermit den Antrag zurück”. Einige Tage darauf legte der beteiligte … gegen den Beschluß Beschwerde ein. Der Vorsitzende der Fachkammer für Landes-Personalvertretungssachen des Verwaltungsgerichts leitete daraufhin die Akten dem Oberverwaltungsgericht zu und vertrat dabei die Ansicht, die Antragsrücknahme sei nach Zustellung der erstinstanzlichen Entscheidung ohne Bedeutung.
In dem Anhörungstermin vor dem beschließenden Fachsenat erklärten die Antragsteller: Sie bestätigten ihre frühere Antragsrücknahme und wiederholten sie. Die Beteiligten erklärten, sie hätten der Antragsrücknahme zugestimmt und stimmten ihr auch weiterhin zu.
Entscheidungsgründe
II.
Aufgrund dieser Prozeßerklärungen der Antragsteller und der anderen Beteiligten war das Verfahren einzustellen und auszusprechen, daß der Beschluß der Fachkammer für Landes-Personalvertretungssachen des Verwaltungsgerichts unwirksam ist. Der Senat ist der Rechtsansicht, daß in Personalvertretungssachen nach dem Niedersächsischen Personalvertretungsgesetz, für deren Verfahren die Vorschriften des Arbeitsgerichtsgesetzes über das Beschlußverfahren entsprechend gelten, der Antrag jederzeit bis zur Rechtskraft eines etwa ergangenen Gerichtsbeschlusses zurückgezogen werden kann und daß vorliegend die Antragsrücknahme schon zwischen den Instanzen, jedenfalls aber im Beschwerderechtszuge wirksam erklärt worden ist.
1) Die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt im Beschlußverfahren nach §§ 80 ff ArbGG der Antrag zurückgezogen werden kann, ist umstritten. Die Vorschrift des § 81 Abs. 2 ArbGG, welche die Antragsrücknahme im ersten Rechtszug regelt, bestimmt, daß der Antrag jederzeit in der für seine Anbringung vorgeschriebenen Form, d.h. bei dem Arbeitsgericht schriftlich oder mündlich zur Niederschrift der Geschäftsstelle, zurückgezogen werden kann. Für die höheren Instanzen ist in §§ 89 Abs. 2, 94 Abs. 3 ArbGG bestimmt, daß die Beschwerdeführer ihre Rechtsmittel durch einseitige Erklärungen zurücknehmen können. Dagegen fehlt es an einer besonderen Vorschrift über die Zulässigkeit einer Antragsrücknahme; insbesondere ist eine Verweisung auf § 81 ArbGG in den Vorschriften über das Beschlußverfahren im zweiten und dritten Rechtszug nicht enthalten. Hieraus entnehmen das Bundesarbeitsgericht (BAGE 4, 286 = AP Nr. 2 zu § 81 ArbGG) und ihm folgend das Bundesverwaltungsgericht (BVerwGE 5, 283; 7, 140) – bei Erörterung der von ihnen grundsätzlich verneinten Frage, ob eine Erledigung der Hauptsache im Beschlußverfahren möglich ist –, daß der Antragsteller seinen Antrag nach Abschluß der ersten Instanz (BAG: … „wenn eine gerichtliche Entscheidung ergangen ist”) nicht mehr zurücknehmen kann. Gleicher Ansicht sind Dietz-Nikisch (Kommentar zum Arbeitsgerichtsgesetz, 1954, Anm. 28 zu § 81), Dersch-Volkmar (Kommentar zum Arbeitsgerichtsgesetz, Anm. 7 au § 81) und Engelhard-Ballerstedt in ihren Kommentaren zum Niedersächsischen und zum Bayerischen Personalvertretungsgesetz (Randnote 24 zu § 26 Nds. PersVG; Randnote 51 zu Art. 76 Bay. PerBVG). Abweichend halten Hueck-Nipperdey (Lehrbuch des Arbeitsrechts, 7. Aufl. 1963, I § 103 Fußnote 33 – Seite 982 –) und Pohle (in Ziff. 5 der Anm. zu AP Nr. 2 zu § 81 ArbGG und in der Festschrift für A. Hueck, S. 184) die Zurü...