Entscheidungsstichwort (Thema)

Schwerbehinderten-Kündigung

 

Verfahrensgang

VG Schleswig-Holstein (Gerichtsbescheid vom 04.03.1987; Aktenzeichen 13 A 58/86)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 4. März 1987 – 13 A 58/86 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben, im übrigen ist die Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der im Jahre 1940 geborene Kläger ist kinderlos verheiratet. Er hat den Beruf eines Bauglasers erlernt, jedoch keinen entsprechenden Abschluß erlangt. Er ist wegen cerebralen Anfallsleidens, herabgesetzten Sehvermögens beiderseits, Wirbelsäulenveränderungen, Hüftgelenkleidens beiderseits mit beginnender rechter Bewegungseinschränkung schwerbehindert. Ihm ist eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 60 % zuerkannt worden.

Im Mai 1975 trat der Kläger bei der Beigeladenen in ein Arbeitsverhältnis ein. Er war zunächst im Stahlbau zur Bedienung spanabhebender Maschinen tätig. Als dieser Arbeitsplatz aus betrieblichen Gründen aufgelöst wurde, wurde er anschließend als Gabelstaplerfahrer in der Transportabteilung, in der Isolierabteilung und als „Ausfeger”, später als Fahrstuhlführer beschäftigt. Als die Fahrstühle auf elektronische Steuerung umgestellt wurden, erhielt der Kläger ab 1. Oktober 1981 die Tätigkeit als Hilfsarchivar in der Zeichnungsverwaltung zugewiesen. Im März 1982 äußerte der Kläger in Anwesenheit verschiedener Mitarbeiter u.a. auch der Angestellten … und … „Meine Sehnsüchte wären: Ich möchte Frauenarzt sein und Mädchen unter 20 Jahren an einen Stuhl fesseln und sie dann entjungfern. Sie haben ein gebärfreudiges Becken. Wie kann ich Sie überraschen, um Ihre nahtlose Bräune zu sehen.” Er wurde deswegen vom Leiter des Archivs, bei dem sich die Kolleginnen beschwert hatten, zur Rede gestellt. Er entschuldigte sich und erklärte, derartiges in Zukunft zu unterlassen. Im Juni 1982 schrieb der Kläger auf einen Zettel folgenden Text: „… komm” in mein Bettchen, wir wollen schmusen und noch mehr. Ich liebe dicke Frauen mit großen Brüsten und dickem Bauch, so dick wie ein Luftballon und auch dicke pralle Schenkel liebe ich”. Der Zettel gelangte – die Umstände sind zwischen den Parteien streitig – in den Besitz der Angestellten … die ihn im August 1982 dem Archivleiter vorlegte.

Daraufhin beantragte die Beigeladene mit Schreiben vom 17. August 1982 bei der Beklagten die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des Klägers, weil er sich gegenüber Mitarbeiterinnen in Wort und Schrift unsittlich geäußert habe, so daß diese nicht mehr gewillt seien, mit ihm zusammen zu arbeiten; viele Versuche in der Vergangenheit, den Kläger in anderen Bereichen des Unternehmens unterzubringen, seien an dessen Verhaltensweisen gescheitert. Der Vertrauensmann der Schwerbehinderten und der Betriebsrat der Beigeladenen stimmten der beabsichtigten Kündigung des Klägers zu. Das Arbeitsamt erhob keine Einwendungen gegen eine Zustimmung, meinte aber, daß der Behinderte bei der derzeitigen Arbeitsmarktlage bei Verlust des Arbeitsplatzes mit einer längeren Arbeitslosigkeit rechnen müsse. Mit Bescheid vom 17. September 1982 erteilte die Beklagte (Fürsorgestelle für Kriegsopfer und Behinderte der Landeshauptstadt Kiel) die beantragte Zustimmung zur Kündigung, weil der Kläger den Betriebsfrieden empfindlich gestört habe, so daß eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit nicht mehr erwartet werden könne; eine Umsetzung sei wegen des Verhaltens des Klägers an seinen früheren Arbeitsplätzen nicht mehr möglich; die Rechtsgüterabwägung der verschiedenen Interessen ergebe deshalb, daß dem Antrag des Arbeitgebers entsprochen werden müsse.

Die Beigeladene kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristgerecht zum 31. Oktober 1982. Der dagegen vom Kläger durchgeführte Kündigungsschutzprozeß hatte keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht Kiel hat die Klage durch Urteil vom 28. April 1987 – 3 b Ca 2231/82 – abgewiesen; die Berufung des Klägers ist durch – rechtskräftiges – Urteil des Landesarbeitsgerichts Kiel vom 9. September 1987 – 5 Sa 405/87 – zurückgewiesen worden.

Der Kläger legte gegen den Zustimmungsbescheid der Beklagten vom 17. September 1982 Widerspruch ein, weil die ihm zur Last gelegten Vorfälle unzutreffend gewürdigt worden seien. Der Widerspruchsausschuß bei der Hauptfürsorgestelle im Sozialministerium des Landes Schleswig-Holstein hob mit Bescheid vom 10. Dezember 1982 den angefochtenen Bescheid auf und versagte die Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung mit der Begründung, daß die von der Beigeladenen vorgetragenen Gründe in keinem Verhältnis zur beabsichtigten Maßnahme stünden; das Fehlverhalten des Schwerbehinderten sei nicht so gravierend, daß eine Beharrlichkeit zu erkennen sei. Die hiergegen erhobene Klage der Beigeladenen wies das Verwaltungsgericht durch Gerichtsbescheid vom 24. Juli 1984 – 10 A 34/83 – als unbegründet ab. In dem von d...

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