Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz. Haftung. Regress. Rückgriff. Erstattung. Dienstpflicht. Waffenträger. Umgang mit Waffen. Dienstwaffe. Schusswaffe. Schuss. Knall. Knallgeräusch. Ladezustand. Ladeecke. Entladung. Körperverletzung. Dritter. Knalltrauma. Tinnitus. Tinnituserkrankung. Verschulden. grobe Fahrlässigkeit. schwerwiegende Pflichtverletzung. Kausalität. Kausalzusammenhang. Adäquanztheorie. Rechtswidrigkeitszusammenhang. Pflichtwidrigkeitszusammenhang. Schaden. mittelbarer Schaden. Regressschaden. Haftungsbeschränkung. Erlass. Fürsorgepflicht. Härtefall. Existenzbedrohung. Regressforderung. Zulassung der Berufung
Leitsatz (amtlich)
Überprüft ein Beamter den Ladezustand seiner Dienstwaffe im geschlossenen Raum außerhalb der Ladeecke, so handelt er in der Regel zumindest dann grob fahrlässig, wenn begründete Zweifel (hier: Auswurf einer Patrone) an dem ungeladenen Zustand der Waffe bestehen.
Normenkette
LBG § 86 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
VG Koblenz (Urteil vom 16.09.2003; Aktenzeichen 6 K 1486/03) |
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. September 2003 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz wird abgelehnt.
Der Antragsteller hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 1.750,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger verpflichtet ist, dem Dienstherrn die von ihm erbrachten Leistungen an einen Dritten, der durch einen Schuss aus der Dienstwaffe des Klägers verletzt wurde, zu erstatten.
Der Kläger steht als Polizeikommissar im Dienste des beklagten Landes. Am 15. November 2001 suchte er aus Anlass einer routinemäßigen Waffenrevision während seines Urlaubs die Dienststelle auf und begab sich in eines der Vernehmungszimmer, um seine Dienstwaffe zur Vorbereitung der Überprüfung zu reinigen. In der Absicht die Waffe zu zerlegen, richtete er diese schräg nach unten. Er zog den Schlitten zurück, wobei eine Patrone ausgeworfen wurde. Beim anschließenden Versuch, das Magazin aus der Waffe zu entnehmen, löste sich ein Schuss und schlug in den Fußboden ein. Dadurch erlitt ein im selben Raum anwesender Kollege, der sich etwa 2,5 m vom Kläger entfernt befand, ein Knalltrauma und einen beidseitigen Tinnitus. Die vom Beklagten während der Dienstunfähigkeit an diesen Beamten fortgezahlten Dienstbezüge und die von ihm übernommenen Kosten für die ärztliche Behandlung belaufen sich auf insgesamt 2.063,91 EUR. Nachdem die zuständige Personalvertretung lediglich einem Rückgriff in Höhe von 1.750,00 EUR zugestimmt hatte, forderte der Beklagte den Kläger durch Leistungsbescheid vom 20. März 2003 zur Erstattung des letztgenannten Betrages auf. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, der Kläger habe die ihm obliegenden Amtspflichten beim Umgang mit Dienstwaffen grob fahrlässig verletzt. Vor allem sei ihm vorzuwerfen, dass er an der Waffe außerhalb der dafür vorgesehenen Ladeecke hantiert habe, zumal ihm spätestens mit dem Auswerfen der Patrone der geladene Zustand der Waffe bekannt gewesen sei. Dem trat der Kläger entgegen. Er wandte im Wesentlichen ein, eine grobe Fahrlässigkeit könne ihm nicht angelastet werden. Vorkommnisse der vorliegenden Art passierten nun einmal. Insbesondere fehle es auch an der Kausalität. Die Verletzung seines Kollegen wäre nämlich auch bei einer Entladung der Waffe in der Ladeecke nicht zu verhindern gewesen. Im Übrigen gehöre die Belastung mit Knallgeräuschen aus Schusswaffen zum allgemeinen Berufsrisiko der Polizeibeamten.
Widerspruch und Anfechtungsklage des Klägers blieben erfolglos. Mit dem vorliegenden Antrag begehrt der Kläger die Zulassung der Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil die Voraussetzungen der damit geltenden gemachten Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –) nicht vorliegen.
1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), da sich aufgrund des Zulassungsvorbringens keine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür abzeichnet, dass der Kläger in einem Berufungsverfahren mit seinem Begehren durchdringen könnte. Das angefochtene Urteil erweist sich vielmehr als richtig. Das vorinstanzliche Entscheidungsergebnis wird insbesondere nicht durch die vom Kläger erhobenen Bedenken in Frage gestellt.
Zu den Dienstpflichten eines Polizeibeamten gehört es, mit seiner Dienstwaffe so umzugehen, dass niemand unnötig gefährdet oder geschädigt wird. Die Pflicht zu sorgsamem und verantwortungsbewusstem Umgang mit der Dienstwaffe gilt in besonderem Maße beim Aufenthalt in geschlossenen Räumen, zumal wenn sich Dritte in der Nähe befinden. Verletzt der Beamte diese Pflicht vorsätzlich oder grob fahrlässig, ist er dem Dienstherrn zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Landesbeamtengesetz ...