rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Löschung von Berufsausbildungsverhältnissen. Löschung der Eintragung von Berufsausbildungsverträgen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Recht der Handwerkskammer zur Löschung der Eintragung eines Berufsausbildungsverhältnisses in der Lehrlingsrolle besteht unabhängig von der Befugnis der staatlichen Behörde, das Einstellen und Ausbilden von Lehrlingen zu untersagen.

2. Die Löschung der Eintragung eines Berufsausbildungsverhältnisses darf nur erfolgen, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die ordnungsgemäße Ausbildung durch den Ausbildenden nicht gewährleistet ist.

3. Zur Frage der persönlichen Eignung eines Ausbildenden, der infolge einer zusätzlichen Tätigkeit als Arbeitnehmer nicht ständig in seinem eigenen Betrieb, in dem er die Lehrlinge ausbildet, anwesend ist.

 

Normenkette

HO §§ 21, 23a, 24, 28-29; BBiG §§ 2, 6, 73

 

Verfahrensgang

VG Neustadt a.d. Weinstraße (Urteil vom 03.09.1974; Aktenzeichen 6 K 131/74)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 3. September 1974 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt a.d. Weinstr. wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragt die Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger ist Friseurmeister und betreibt ein Friseurgeschäft in A. In seinem Betrieb arbeiten auch seine Ehefrau und seine Tochter, die die Gesellenprüfung abgelegt hat und sich auf die Meisterprüfung vorbereitet. Außerdem hatte der Kläger zwei Lehrlinge beschäftigt, nämlich A. S. (Lehrvertrag vom 15. Dezember 1970) und D. M. (Lehrvertrag vom 5. August 1972). Beide Ausbildungsverhältnisse waren in der Lehrlingsrolle eingetragen. Seit Dezember 1972 ist der Kläger zusätzlich als angestellter Friseur bei den französischen Streitkräften in L. tätig. Die Arbeitszeit beträgt wöchentlich 34 Stunden und ist wie folgt vereinbart: Am Montag und Dienstag ganztägig je 9 1/2 Stunden und von Mittwoch bis Freitag vormittags je 5 Stunden (8–13 Uhr). Nachdem die Beklagte von dieser Tätigkeit Kenntnis erhalten hatte, wies sie den Kläger mit Schreiben vom 26. Februar 1973 darauf hin, daß die Beschäftigung in L. mit seinen Pflichten gegenüber seinen Lehrlingen nicht vereinbar sei, und forderte ihn auf, entweder diese Tätigkeit aufzugeben oder einen ausbildungsberechtigten Meister einzustellen. Zugleich kündigte sie die Löschung der Lehrverträge in der Lehrlingsrolle an, wenn der Kläger dieser Aufforderung nicht bis zum 1. April 1973 nachkommen werde. Da der Kläger nichts unternahm, verfügte die Beklagte am 11. April 1973 die Löschung der beiden Ausbildungsverhältnisse in der Lehrlingsrolle. Gleichzeitig machte sie der Bezirksregierung hiervon Mitteilung. Die Bezirksregierung verhängte gegen den Kläger ein Bußgeld in Höhe von 100,– DM. Das Bußgeldverfahren wurde später vom Amtsgericht Neustadt/Wstr. auf Kosten der Landeskasse eingestellt.

Nach erfolglosem Vorverfahren hat der Kläger gegen die Löschungsverfügung Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben. Inzwischen waren beide Lehrverhältnisse beendet. Der Lehrling M. war in einen anderen Beruf übergewechselt. Der Lehrling S. hat am 25. Juni 1973 die Gesellenprüfung bestanden. Der Kläger hat deshalb beantragt

festzustellen, daß der Bescheid der Beklagten vom 11. April 1973 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 22. Mai 1973 rechtswidrig gewesen ist.

Zur Begründung hat er vorgetragen: Die Löschung der Lehrverträge beeinträchtige seine Berufsehre. Er habe stets Lehrlinge ausgebildet und immer gute Ausbildungsergebnisse erzielt. Er sei früher selbst als Obermeister, Lehrlingswart, Fachlehrer an der Berufsschule und als Vorsitzender des Gesellenprüfungsausschusses tätig gewesen. Seine Tätigkeit in L. hindere ihn nicht, die Lehrlinge fachgerecht auszubilden. Da das Geschäft montags geschlossen sei und dienstags die Lehrlinge die Berufsschule besuchten, falle er selbst für die Ausbildung nur an drei Vormittagen aus.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht: Ihr Recht zur Löschung der beiden Ausbildungsverhältnisse in der Lehrlingsrolle ergebe sich aus § 29 Abs. 2 der Handwerksordnung ungeachtet der daneben bestehenden Befugnis der Bezirksregierung, dem Handwerksmeister die Ausbildung zu untersagen. Der Kläger sei aufgrund seiner hauptberuflichen Tätigkeit in einem auswärtigen Arbeitsverhältnis nicht mehr in der Lage, seinen Ausbildungspflichten nachzukommen. Da er hiergegen fortgesetzt verstoßen habe, sei er persönlich nicht mehr geeignet, Lehrlinge auszubilden.

Das Verwaltungsgericht hat durch das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 3. September 1974 ergangene Urteil der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt: Die Voraussetzungen für eine Löschung der Ausbildungsverhältnisse in der Lehrlingsrolle seien nicht gegeben gewesen. Zwar sei der Kläger in seinem Betrieb allein selbst für die ordnungsgemäße Ausbildung der Lehrlinge verantwortlich, da weder seine Ehefr...

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