Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 14 WEG, § 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG, § 22 Abs. 1 WEG, Art. 5 GG, § 1004 BGB
Kommentar
Ein Eigentümer hatte am Flachdach seiner Dachterrassenwohnung einen Parabolspiegel von etwa 2 m Durchmesser montieren lassen, um am Satellitenfernsehen teilnehmen zu können. Eine bestandskräftige Beschlussgenehmigung war nicht erteilt worden. Der betreffende Eigentümer berief sich darauf, dass er die Antenne zu beruflichen Zwecken benötige, weil er auf aktuelle Informationen aus Politik und Wirtschaft, inbesondere auf Börsen- und Unternehmensnachrichten ständig angewiesen sei, die er über Kabelempfang nicht erhalten könne.
Ein Miteigentümer stellte gerichtlichen Antrag auf Beseitigung, da die Antenne das Gemeinschaftsbild der Anlage beeinträchtige, ebenso das Blickfeld von seiner Wohnung aus und zum anderen Sonnenlicht bei entsprechender Position der Schüssel direkt in seine Wohnung reflektiert werde.
Das AG München hat zunächst im Sinne der h. R. M. festgestellt, dass es sich um eine baulicheVeränderung des Gemeinschaftseigentums im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG handle. Streitig sei allein die Frage der Beeinträchtigung bzw. einer möglichen Duldung nach § 14 WEG. Vorliegend sei jedoch der optisch-ästhetische Gesamteindruck der Anlage nicht nur unwesentlich beeinträchtigt. Das Gesamtkonzept der Anlage liege hier darin, dass die einzelnen Blöcke einmal der Höhe nach aufeinander abgestimmt seien und dann wieder jeweils für sich durch - auch farblich abgesetzte - Fassadenlinien in recht markanter Weise horizontal gegliedert seien. Ein Flachdach unterstreiche hier nur diese horizontale Grundeinteilung. Die Antennenschüssel auf dem Flachdach unterbreche hier unorganisch die horizontale obere Begrenzung. Mit kaum erkennbaren Kaminköpfen über Dach sei eine solche Veränderung nicht zu vergleichen, da das Antennenrad mit seinem hellen, spiegelnden Metall jedem Betrachter des Baukörpers sofort auffalle. Bei bestimmter Konstellation von Sonne und Spiegel komme es auch zu nachvollziehbaren und physikalisch einleuchtenden störenden Sonnenlichtreflektionen und Blendungen. Ein Anspruch auf "diesen technischen Vorteil" ergebe sich auch nicht aus § 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG, zumal die Anlage bereits über eine Gemeinschaftsantenne verfüge. Zusätzliche verschandelnde nachteilige bauliche Veränderungen der gesamten Anlage könnten deshalb nicht gestattet werden, da allein bei Abstellen auf technische Vorteile dann wohl auch weit größere Spiegel geduldet werden müssten, im Extremfall sogar eine Richtfunkspiegelanlage von den Ausmaßen einer Erdfunkleitstelle der Deutschen Post, wie z. B. in Raisting am Ammersee installiert.
Auch auf verfassungsrechtliche Grundsätze könne sich hier der Antragsgegner nicht berufen (was in der Entscheidung näher unter Hinweis auf die positive und negative Informationsfreiheit, die Entscheidung des OLG Celle vom 5. 4. 1986, verfassungskonforme Abgrenzung des § 22 WEG von § 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG und die gesetzlichen Vorbehalte gem. Art. 5 Abs. 2 GG begründet wird). Der Antragsgegner könne auch notwendige Informationen, wie z. B. Börsenkurse von Tokio aus jeder wirtschaftlich orientierten Tageszeitung entnehmen, wenn auch etwas später als vom Antragsgegner gewünscht. Ein geschäftlich nutzbarer zeitlicher Informationsvorsprung gegenüber Branchenkonkurrenten liege außerhalb des Schutzzweckes des Art. 5 GG, berücksichtigt man die Interessen der restlichen Miteigentümer. Toleriert man diese eine Veränderung, müsste man auch anderen Miteigentümern gestatten, solche Einzelantennen anzubringen, da wohl nur e i n e Gemeinschaftsantenne als Parabolspiegel technisch (zumindest derzeit) nicht möglich sei. Dabei könnten sogar Veränderungen auf öffentlich-rechtliche Widerstände der Bauaufsichtsbehörden stoßen, wenn insoweit das gesamte Städtebild in Mitleidenschaft gezogen werde.
Link zur Entscheidung
( AG München, Beschluss vom 15.08.1990, UR II 683/89 WEG, noch nicht rechtskräftig)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer