1 Leitsatz

Weder der einzelne Stellplatz innerhalb eines Mehrfachparkers noch der einzelne Stellplatz auf einem Parkpalettensystem ("Palettenparker") ist nach § 3 Abs. 2 Satz 2 WEG a. F. sondereigentumsfähig.

2 Normenkette

§ 3 Abs. 2 Satz 2 WEG a. F.

3 Das Problem

In einem Fall, für den noch § 3 Abs. 2 Satz 2 WEG a. F. gilt, heißt es in der Teilungserklärung für 18 Tiefgaragenstellplätze für die betroffenen 18 Wohnungseigentumsrechte stets wie folgt: "… verbunden mit dem Sondereigentum an dem Kfz-Einstellplatz Nr. XX, gelegen in der Tiefgarage". Die Stellplätze sind auf einem auf Laufschienen gelagerten, horizontal verschiebbaren Palettensystem eingerichtet, um die Zufahrt zu den dahinter liegenden Stellplätzen zu ermöglichen. In dem Aufteilungsplan ist ein Rechteck mit den jeweiligen Nummern 89 bis 106 eingezeichnet und in der Mitte des Plans zusätzlich vermerkt: "52 Stellplätze, davon 18 Palettenparker". An anderer Stelle heißt es: "Parkpalette 2,14 x 5,00".

Fraglich ist, ob die – reparaturbedürftigen – Palettenstellplätze sondereigentumsfähig sind. Vor diesem Hintergrund vereinbaren die Wohnungseigentümer durch notarielle Urkunde "klarstellend" einen Nachtrag zur Teilungserklärung und bestimmen die Vereinigung der "isolierten Miteigentumsanteile" mit dem jeweiligen Wohnungseigentum des für den jeweiligen Stellplatz eingetragenen Teileigentümers. Das Grundbuchamt weist den Antrag zurück. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat vor dem KG Berlin keinen Erfolg. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgen die Wohnungseigentümer ihren Eintragungsantrag weiter.

4 Die Entscheidung

Mit Erfolg! An den Stellplätzen sei, wie von den Wohnungseigentümern angenommen, kein Sondereigentum begründet worden. Dies gelte unabhängig davon, ob nach dem Inhalt des Grundbuchs Sondereigentum an Stellplatzflächen auf dem Boden der Tiefgarage oder an Stellplatzflächen auf der Palette begründet werden sollte. Weder der einzelne Stellplatz innerhalb eines Mehrfachparkers noch der einzelne Stellplatz auf einem Parkpalettensystem ("Palettenparker") seien nach § 3 Abs. 2 Satz 2 WEG a. F. sondereigentumsfähig gewesen. Sollte Sondereigentum an den jeweiligen Bodenflächen der 18 Tiefgaragenstellplätze begründet werden, wäre dies zwar unter dem Aspekt der Raumeigenschaft unproblematisch. Die Eintragungen wären dann aber nach § 5 Abs. 2 WEG unwirksam. Denn die Fläche unter den Parkern werde auch von den anderen Wohnungseigentümern gebraucht.

5 Hinweis

Problemüberblick

In diesem Fall, für den noch altes Recht anwendbar ist (= Recht, das vor dem 1.12.2020 galt und durch das WEMoG geändert wurde), ist zu klären, ob die Stellplätze in einem Mehrfachparker und die Stellplätze in einem Palettenparker sondereigentumsfähig sind.

Die bisherige Rechtslage

Bislang ist umstritten, ob sich § 3 Abs. 2 Satz 2 WEG a. F. nur auf die Abgeschlossenheit bezieht oder auch auf die Raumeigenschaft. Ausgehend von der Annahme, dass nur die Abgeschlossenheit fingiert wird, wird nach verbreiteter Auffassung die Ansicht vertreten, einzelne Stellplätze innerhalb eines Mehrfachparkers könnten nicht als sondereigentumsfähig angesehen werden. Begründet wird dies in erster Linie damit, dass der lichte Raum vom Boden bis zur Decke aufgrund der Kippvorrichtung nicht klar getrennt sei, sondern in einem Mittelbereich abwechselnd von beiden Parkern in Anspruch genommen werde. Demgegenüber bejahen andere die Sondereigentumsfähigkeit jedenfalls für den einzelnen Stellplatz eines Mehrfachparkers, weil § 3 Abs. 2 WEG a. F. auch die Raumeigenschaft fingiere.

Der BGH klärt mit der Entscheidung, dass § 3 Abs. 2 WEG a. F. nicht die Raumeigenschaft fingiert. Dies folge aus der Gesetzessystematik und der Gesetzgebungsgeschichte. Damit komme es entscheidend darauf an, ob Stellplätze als Räume zu qualifizieren seien. Dies sei nicht der Fall. Unter "Raum" im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes sei der lichte Raum in einem Gebäude vom Boden bis zur Decke zu verstehen. Diese Voraussetzung sei weder bei einem Mehrfachparker noch bei einem "Palettenparker" erfüllt. Das jann man so sehen. Was gilt dann bei Balkonen und Dachterrassen?

Die neue Rechtslage

Die bisherige Rechtslage ist durch das WEMoG geändert worden. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 WEG gelten Stellplätze nunmehr als Räume. Damit kann auch an den einzelnen Stellplätzen in Mehrfachparkern Sondereigentum begründet werden. Stellplätze auf Parkpaletten sollen nach der jetzt vorliegenden Entscheidung jedenfalls dann sondereigentumsfähig sein, wenn ein bestimmter Palettenstellplatz zum alleinigen Gebrauch fest zugewiesen werde. Wie es sich bei einer automatisierten Parkvorrichtung verhalte, die mehreren Nutzern zugänglich sei und Stellplätze nach Verfügbarkeit vergebe, bedürfe allerdings keiner Entscheidung.

Was ist für die Verwaltungen besonders wichtig?

Die Verwaltungen müssen die Rechtslage in Bezug auf Mehrfachparker kennen. Diese ist kompliziert und hat sich mit dem WEMoG geändert. Aber nicht für "Alt-Anlagen". Hier gilt: Grundsätzlich ist, wenn überhaupt, nur der gesamte Mehrfachparker sondereigentumsfähig, nicht aber die Stellp...

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