OFD Erfurt, Verfügung v. 4.11.2003, S 2121 A - 16 - L 224
Zur einkommensteuerlichen Behandlung der Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Betreuer nach § 1835a BGB bitte ich im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder folgende Auffassung zu vertreten:
Nach § 1896 BGB ist für Personen, die aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer Behinderung nicht in der Lage sind, ihre Angelegenheiten zu besorgen, ein Betreuer durch das Amtsgericht zu bestellen. Neben Berufsbetreuern werden überwiegend ehrenamtliche Betreuer eingesetzt. In den häufigen Fällen mittelloser betreuter Personen kommt die Staatskasse für die Betreuungskosten auf.
Ehrenamtliche Betreuer erhalten derzeit eine jährliche pauschale Aufwandsentschädigung in Höhe von 312 EUR. Die Aufwandsentschädigung wird für jede einzelne Vormundschaft, Pflegschaft und Betreuung gewährt. Es ist deshalb in Ausnahmefällen möglich, dass ein Betreuer den Betrag mehrfach erhält. Der Betrag der pauschalen Aufwandsentschädigung wurde in Anlehnung an die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen mit einem Vielfachen der Entschädigung für eine Stunde versäumter Arbeitszeit bestimmt.
Für die Aufwandsentschädigung kommt eine Steuerbefreiung weder nach § 3 Nr. 12 EStG noch nach § 3 Nr. 26 EStG in Betracht. Die Vorschrift des § 3 Nr. 12 EStG findet keine Anwendung, weil diese Aufwandsentschädigungen nicht im Haushaltsplan ausgewiesen werden. Die Anwendung von § 3 Nr. 26 EStG scheidet ebenfalls aus, da mangels einer pädagogischen Ausrichtung keine Betreuungstätigkeit im Sinne dieser Vorschrift vorliegt (vgl. auch R 17 Abs. 1 Sätze 1 und 2 LStR). Die durch den ehrenamtlichen Betreuer zu erbringenden Betreuungstätigkeiten können auch nicht als Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen im Sinne des § 3 Nr. 26 EStG angesehen werden, weil es sich um einen staatlichen Beistand in Form von Rechtsfürsorge handelt und eine persönliche Betreuung im Sinne von Pflege nicht stattfindet oder nur nachrangig ist.
Die Aufwandsentschädigung gehört zu den sonstigen Einkünften nach § 22 Nr. 3 EStG und ist einkommensteuerpflichtig, wenn sie – ggf. zusammen mit weiteren Einkünften im Sinne dieser Vorschrift – die Freigrenze von 256 EUR übersteigt.
Mit der Gewährung der pauschalen Aufwandsentschädigung nach § 1835a BGB entfällt für den ehrenamtlichen Betreuer die Möglichkeit, Aufwendungsersatz gemäß § 1835 BGB zu verlangen; die durch die Ausübung seiner Tätigkeit verursachten Aufwendungen des Betreuers (z.B. Fahrtkosten, Telefongebühren, Portokosten) sind somit durch die Pauschale abgegolten. Es bestehen deshalb keine Bedenken, wenn die mit der Tätigkeit des Betreuers im Zusammenhang stehenden Aufwendungen ohne weiteren Nachweis mit 25 % der jeweiligen pauschalen Aufwandsentschädigung als Werbungskosten berücksichtigt werden.
Normenkette
EStG § 3;
BGB § 1835a