Leitsatz

Dem Wohnungseigentümer, dem ein Recht zur Sondernutzung an einem Teil des gemeinschaftlichen Gartens eingeräumt wurde, ist je nach den örtlichen Verhältnissen auch das Recht eingeräumt, auf der Sondernutzungsfläche bauliche Veränderungen derart vorzunehmen, beispielsweise eine Pergola als offenes Rankgerüst für Schling- und Kletterpflanzen zu errichten, wenn weiter vereinbart wurde, daß er den Garten "ortsüblich" nutzen darf.

 

Sachverhalt

Einem der Wohnungseigentümer wurde ein Sondernutzungsrecht an einem Teil des im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Garten der Wohnanlage eingeräumt. Auf diesem Gartenteil errichtete er alsbald zur Verschönerung eine Pergola. Die übrigen Wohnungseigentümer sind nun der Auffassung, bei der Errichtung der Pergola handele es sich um eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums, die der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer bedurft hätte.

 

Entscheidung

Eines vorweg: Die Richter konnten hier nicht abschließend entscheiden, da der Vorinstanz einige Fehler unterlaufen waren und nicht geprüft wurde, ob die Errichtung der Pergola ortsüblich war. Soweit die Errichtung der Pergola jedenfalls noch als "ortsüblich" anzusehen ist, muß sie nicht entfernt werden.

Aber Achtung! Selbstverständlich stellt die Errichtung einer Pergola im Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums eine bauliche Veränderung dar, auch wenn sie im Rahmen des Sondernutzungsrechts eines Wohnungseigentümers errichtet wurde. Und als solche bedarf ihr Errichtung auch der Zustimmung aller Wohnungseigentümer. Dies bringt § 22 Abs. 1 S. 1 WEG zum Ausdruck, soweit es sich um eine bauliche Veränderung handelt, die über eine ordnungsgemäße Instandsetzung oder Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinaus geht, was stets bei der Errichtung eines auch irgendwie gearteten Bauwerks - also auch einer Pergola - selbstverständlich der Fall ist. Das Sondernutzungsrecht an einer Gartenfläche gibt also nur das Recht, die Fläche in einem bestimmten Rahmen gärtnerisch zu gestalten. Hieraus kann der jeweilige Sondernutzungsberechtigte nicht das Recht ableiten, auf der Fläche bauliche Veränderungen im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG vorzunehmen.

In der Gemeinschaftsordnung ist indessen bestimmt, daß die Gärten von den Sondernutzungsberechtigten "ortsüblich" genutzt werden dürfen. Es ist also zu prüfen, ob in Gärten vergleichbarer Größe und vergleichbarem Zuschnitt in der Umgebung der Wohnanlage ebenfalls die eine oder andere Pergola steht. Soweit dies der Fall ist, kann die Beseitigung der Pergola seitens der anderen Eigentümer nicht verlangt werden. Selbst in dem Fall, in dem die Pergola über den Bereich der Sondernutzungsfläche hinaus reicht, wäre zu prüfen, ob ein Beseitigungsverlangen nicht rechtsmißbräuchlich wäre. In diesem Zusammenhang ist dann darauf abzustellen, ob die Pergola den optischen Gesamteindruck der Wohnanlage nachteilig verändert oder sonst einem der übrigen Wohnungseigentümer einen über das zulässige Maß hinausgehenden Nachteil bringt.

 

Link zur Entscheidung

BayObLG, Beschluss vom 19.03.1998, 2Z BR 131/97

Fazit:

Wir hatten genau zu diesem Thema eine Leseranfrage (Ausgabe 11/98, S. 61). Diese Entscheidung erreichte uns erst danach, spiegelt aber wie in der Beantwortung die herrschende Meinung wider. Immer wenn von einer "Ortsüblichkeit" die Rede ist, muß auch auf diese abgestellt werden. Wie die Entscheidung zeigt, können demnach auch bauliche Veränderungen, die an sich der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedürfen, dann - auch ohne entsprechende Genehmigung - errichtet werden, wenn sich diese noch im Rahmen des Ortsüblichen halten und den betreffenden Wohnungseigentümern gerade ein Sondernutzungsrecht im Rahmen der ortsüblichen Verhältnisse eingeräumt wurde.

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