Bei der schenkungsweisen Übertragung von beweglichen Sachen beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt des vollständigen Eigentumsübergangs. Bei Immobilien beginnt die Frist mit der Eintragung ins Grundbuch, also ebenfalls mit dem tatsächlichen Vollzug der Eigentumsübertragung (BGH, NJW 1988, BGH, ZEV 1996, S. 188).

Sonderregel bei Schenkungen an den Ehegatten

Für Ehegatten gibt es eine Sonderregelung des § 2325 Abs. 3 Satz 3 BGB, wonach die Frist für Schenkungen an den Ehegatten erst mit der Auflösung der Ehe zu laufen beginnt. Trotz der an dieser Sonderregelung geübten Kritik wurde diese Regelung durch die Erbrechtsreform nicht modifiziert. Konkret bedeutet diese Regel, dass bei Ehen, die durch den Tod des Schenkers und Erblassers beendet werden, die Frist für Schenkungen an den Ehegatten erst mit dem Tod zu laufen beginnt. Damit sind sämtliche Schenkungen, die während der Ehezeit erfolgt sind, für den Pflichtteilsergänzungsanspruch heranzuziehen.

 
Praxis-Beispiel

Im obigen Beispiel hatte die Erblasserin die 100.000 EUR nicht Kind 1, sondern ihrem Ehemann geschenkt.

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch von Kind 2 beträgt 1/8 aus 100.000 EUR, da die Zehnjahresfrist erst mit dem Tod der Erblasserin zu laufen begonnen hat. Die Abschmelzung spielt also in diesem Fall keine Rolle.

Eine weitere Besonderheit besteht nach Auffassung des BGH bei Grundstücksschenkungen unter Nießbrauchvorbehalt (BGH, NJW 1994, S. 1791). Hier beginnt die Frist erst mit dem Erlöschen des Nießbrauchs zu laufen. Nießbrauchsvereinbarungen auf die Lebzeit des Schenkers führen daher dazu, dass die zugrunde liegende Schenkung stets innerhalb des Zehnjahreszeitraums erfolgt ist, da sie aufgrund der Fiktion erst mit dem Tod des Schenkers erfolgt ist.

 
Praxis-Beispiel

Der Erblasser schenkt Kind 1 eine Eigentumswohnung. Kind 2 erhält das Wohnhaus des Erblassers, der sich hierin aber das Wohnrecht vorbehält. Der Erblasser verstirbt, kurz nachdem die Zehnjahresfrist für beide Zuwendungen verstrichen ist.

Die Zuwendung an Kind 1 fand nach verstreichen des Zehnjahreszeitraums statt, so dass eine Pflichtteilsergänzung hierauf nicht gestützt werden kann. Die Zuwendung an Kind 2 dagegen erfolgt fiktiv erst mit dem Wegfall des Nießbrauchs, mithin mit dem Tod des Erblassers. Damit ist die an Kind 2 erfolgte Zuwendung voll in die Pflichtteilsergänzungsansprüche einzurechnen.

Diese Ungleichbehandlung hat das Erbrechtsreformgesetz auch nicht behoben.

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