Rz. 97
Als weitere Gestaltungsmöglichkeit zur Regelung der Vermögensnachfolge kann der Erblasser einem anderen per Testament bestimmte Vermögensgegenstände vermachen (Vermächtnis – legado, Art. 2250 CC). Auf diese Weise erhält der Vermächtnisnehmer einen bestimmten Vermögensvorteil (Geldbetrag, Wertgegenstand oder auch Erlass einer Schuld). Der Bedachte wird unmittelbar mit dem Erbfall Eigentümer der ihm vermachten Sache. Anders als der zur Erbschaft Berufene rückt der Vermächtnisnehmer aber nicht zugleich in die Erbenstellung ein, haftet mithin nicht für Nachlassschulden. Diese Form der Einzelrechtsnachfolge ist in Form des Vindikationslegats als aus dem Eigentum des Vermächtnisnehmers fließender dinglicher Anspruch gegenüber dem/den Erben oder dem Testamentsvollstrecker ausgestaltet (Art. 2249 f. CC). So steht dem Vermächtnisnehmer hinsichtlich des vermachten Gegenstandes der Herausgabeanspruch gegen einen Dritten zu (Art. 2279 CC – reivindação da coisa legada). Der Vermächtnisnehmer erlangt das Eigentum an der vermachten Sache bereits mit dem Erbfall.
Rz. 98
Gehört die vermachte Sache dem Erblasser nicht oder nicht ganz, so ist das Vermächtnis nichtig, falls sich aus dem Testament nicht ergibt, dass der Erblasser diesen Umstand kannte (Art. 2251, 2252 CC).
Rz. 99
Unter welchen Voraussetzungen die Anordnung eines Vermächtnisses wirksam oder unwirksam ist, in welcher Reihenfolge Vermächtnisse zu erfüllen sind, wenn der Nachlass nicht ausreicht (Art. 2278 CC), was bei einem Gattungsvermächtnis (legado de coisa genérica, Art. 2253 CC), was bei einem Nießbrauchvermächtnis (legado de usufruto, Art. 2258) gilt, wie ein Wahlvermächtnis (legados alternativos, Art. 2267) zu erfüllen ist, was bei einem Vermächtnis zugunsten eines Minderjährigen gilt (Art. 2274 CC), ist Inhalt der zahlreichen Einzelregelungen der Art. 2249–2280 CC.
Rz. 100
Das Vermächtnis zugunsten einer gemeinnützigen Organisation bzw. einer sozialen Einrichtung (legados pios) richtet sich gem. Art. 2280 CC nach besonderen Gesetzen: dem Decreto Lei 39 499 vom 24.11.1953.
Rz. 101
Hervorzuheben ist die Möglichkeit, das Vermächtnis – wie auch das Testament – mit Auflagen zu belasten (Art. 2229 CC).
Rz. 102
Im Falle zweier Vermächtnisse zugunsten einer Person kann der Vermächtnisnehmer nur dann das eine annehmen und das andere ausschlagen, wenn das zweite Vermächtnis nicht durch den Erblasser mit einer Belastung im Sinne einer Bedingung beschwert ist (Art. 2250 Abs. 1 CC). Ebenso kann der Erbe, der zugleich Vermächtnisnehmer ist, nur dann das Erbe annehmen und das Vermächtnis ausschlagen bzw. umgekehrt, wenn der ausgeschlagene Teil nicht mit einer Belastung im Sinne einer Bedingung beschwert ist (Art. 2250 Abs. 2 CC).
Rz. 103
Die Regelung über die Bestellung von Ersatzerben (Art. 2281 ff. CC) gilt gem. Art. 2285 Abs. 1 CC expressis verbis auch für die Bestellung von Ersatzvermächtnisnehmern.