Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Falsche Kostenbelastung in einer Jahresabrechnung zur Ausgabenposition "Rechtsstreitigkeiten" (Position "Rechtskosten") betrifft nur die Einzelabrechnungen, aber die aller Eigentümer; ein Mangel wird hier nicht durch entsprechende Gutschrift beim betreffenden Wohnungseigentümer behoben
Mangels vorhandener Messeinrichtungen für eine verbrauchsabhängige Abrechnung der Heizungs- und Warmwasserkosten verstößt eine verbrauchsunabhängige Abrechnung nicht gegen Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung
Jeder Eigentümer kann jedoch die Anbringung solcher Messeinrichtungen und anschließende verbrauchsabhängige Abrechnung fordern
Das Vertretungsrecht in der Eigentümerversammlung kann durch Vereinbarung eingeschränkt werden
Wird ein Eigentümerbeschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung und die Entlastung des Verwalters für ungültig erklärt, kann die Beschwerde gegen eine solche Entscheidung auch nur auf die Ungültigkeit der Jahresabrechnungs-Genehmigung beschränkt werden
Eine wirksame Beschwerdeeinlegung liegt auch vor, wenn fristgemäß nur eine Abschrift mit unterschriebenem Beglaubigungsvermerk des beauftragten Rechtsanwalts bei Gericht eingeht
Normenkette
§ 21 WEG, § 23 WEG, § 25 WEG, § 28 WEG, § 45 WEG
Kommentar
1. Werden in der Jahresabrechnung durch Rechtsstreitigkeiten entstandene Kosten auch auf einen Wohnungseigentümer umgelegt, der sie nicht zu tragen hat, betrifft der Mangel nur die Einzelabrechnungen, aber die aller Wohnungseigentümer. Er wird nicht dadurch behoben, dass nur dem betreffenden Wohnungseigentümer der entsprechende Betrag auf sein Wohngeldkonto gutgeschrieben wird. Die Freistellung des Antragstellers von diesen anteiligen Kosten hatte nämlich zur Folge, dass sich die Kostenbelastung aller anderen Eigentümer erhöht; dies ist bei einer bloßen Gutschrift auf dem Wohngeldkonto des Antragstellers nicht berücksichtigt. Damit mussten alle Einzelabrechnungen wegen des Abrechnungspostens "Rechtskosten"für ungültig erklärt werden.
2. Solange keine Messeinrichtungen für eine verbrauchsabhängige Abrechnung der Heizungs- und Warmwasserkosten vorhanden sind, verstößt eine verbrauchsunabhängige Abrechnung nicht gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung.
Jeder Eigentümer kann aber (von der Gemeinschaft) verlangen, dass entsprechend der Heizkostenverordnung und (hier) einer Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung Messeinrichtungen für eine Verbrauchserfassung angebracht und dann verbrauchsabhängig abgerechnet wird (vgl. auch BayObLG, NZM 99, 908, 909).
3. Ist in der Gemeinschaftsordnung der Kreis derjenigen Personen, durch die sich ein Wohnungseigentümer in der Versammlung vertreten lassen kann, "auf andere Wohnungseigentümer, den Ehegatten oder einen in gerader Linie Verwandten"beschränkt, ist eine solche Beschränkung zulässig (h.R.M.); Gründe, die es ausnahmsweise nach Treu und Glauben geboten erscheinen lassen könnten, auch weitere Personen zuzulassen, liegen nicht vor (vgl. auch BayObLGZ 1996, 297 m.w.N.).
4. Wird ein Eigentümerbeschluss, der die Genehmigung der Jahresabrechnung und die Entlastung des Verwalters zum Gegenstand hat, für ungültig erklärt, kann die Anfechtung der amtsgerichtlichen Entscheidung (Erstbeschwerde) auf die Ungültigerklärung der Genehmigung der Jahresabrechnung beschränkt werden. Hier handelt es sich jeweils um selbstständige Beschlussgegenstände; hier gilt Gleiches wie bei einer Anfechtung eines Eigentümerbeschlusses (vgl. BayObLG, NJW 86, 385). Zu Recht hat hier also der Antragsteller darauf hingewiesen, dass der Beschlussgegenstand "Entlastung des Verwalters" von der Erstbeschwerde nicht erfasst wird, sich das Rechtsmittel vielmehr lediglich gegen die "Genehmigung der Jahresabrechnungen" richtet. Damit konnte es auch bei der Ungültigkeit des Beschlussgegenstands "Entlastung des Verwalters" durch das AG verbleiben.
5. Eine wirksame und fristgerechte Beschwerde liegt vor, wenn innerhalb der Rechtsmittelfrist die Beschwerdeschrift ohne die letzte Seite mit der Unterschrift des Rechtsanwalts bei Gericht eingeht (hier: per Fax am letzten Tag der Frist), aber gleichzeitig eine Abschrift davon mit einem von dem Rechtsanwalt unterschriebenen Beglaubigungsvermerk. Insoweit lag eine wirksame Beschwerdeschrift vor (vgl. auch Bundesarbeitsgericht NJW 73, 1343).
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 10.08.2000, 2Z BR 36/00)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer