Leitsatz
Ein im Februar 2007 geborenes Kind hatte gegen den Beklagten Klage auf Feststellung der Vaterschaft erhoben und wurde gesetzlich vertreten durch das Amt für Jugend und Familie als Beistand. Die Klägerin lebte bei ihrer Mutter, die zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage Elterngeld bezog.
Das AG hat der Klägerin Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung bewilligt.
Hiergegen hat die Bezirksrevisorin sofortige Beschwerde eingelegt mit der Begründung, es sei nicht geprüft worden, ob die Klägerin einen der Prozesskostenhilfe vorrangigen Anspruch auf Leistung eines Prozesskostenvorschusses gegen ihre Eltern habe.
Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Auch beim OLG hatte das Rechtsmittel keinen Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG wies darauf hin, dass auf einen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss eine Partei nur dann verwiesen werden könne, wenn der Anspruch alsbald realisierbar und seine Durchsetzung zumutbar sei. Im Übrigen dürfe dies nicht mit Rechtseinbußen verbunden sein (Zöller/Philippi, a.a.O., § 115 Rz. 66 f. m.w.N.).
Diese Voraussetzungen seien vorliegend nicht erfüllt. Die Mutter sei unstreitig unterhaltsrechtlich nicht leistungsfähig. Mangels Aufklärung durch das AG sei im Übrigen für das Beschwerdeverfahren zu unterstellen, dass der Beklagte zur Leistung eines Prozesskostenvorschusses nicht in der Lage sei.
In Rechtsprechung und Literatur sei umstritten, ob der im Rahmen eines Vaterschaftsfeststellungsprozesses in Anspruch genommene Mann durch eine einstweilige Anordnung nach § 641d ZPO zur Zahlung eines Prozesskostenvorschusses verpflichtet werden könne und der Prozesskostenvorschuss damit alsbald realisierbar sei. Einerseits werde argumentiert, der Prozesskostenvorschuss sei Bestandteil des Unterhaltsanspruchs, der durch eine einstweilige Anordnung nach § 641d ZPO vorläufig geregelt werden könne. Andererseits werde vertreten, die Frage der Vaterschaft und mithin einer ggf. darauf gründenden Unterhaltspflicht sei erst in diesem Prozess zu klären und die Rechtswirkungen der Vaterschaft könnten - soweit sich aus dem Gesetz nichts anderes ergebe - erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden.
Nach Auffassung des OLG sprach das Fehlen einer Verweisung in § 621f Abs. 1 ZPO auf § 621 Abs. 1 Nr. 10 ZPO gegen die Zulässigkeit einer auf § 641d ZPO gestützten einstweiligen Anordnung auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses in einem Kindschaftsverfahren. Schließlich stelle § 641d ZPO eine Ausnahme von der Sperrwirkung des § 1600d Abs. 4 BGB dar und sei daher restriktiv auszulegen, so dass nicht überzeugend erscheine, nur darauf abzustellen, der Prozesskostenvorschuss sei Teil des nach § 641d ZPO vorläufig zu regelnden Unterhaltsanspruchs.
Im Übrigen sei - unabhängig von einer zeitnahen Realisierung des Prozesskostenvorschusses - der Klägerin dieser Weg wegen eines nicht unerheblichen Rechtsnachteils nicht zumutbar. Sie wäre gemäß § 641g ZPO verpflichtet, nach einer Rücknahme der Vaterschaftsfeststellungsklage oder auch dann, wenn diese rechtskräftig abgewiesen würde, dem Beklagten den aus der Vollziehung der einstweiligen Anordnung entstehenden Schaden zu ersetzen. Insbesondere im Falle einer Abweisung der Vaterschaftsfeststellungsklage wäre daher das minderjährige Kind verpflichtet, den erhaltenen Prozesskostenvorschuss als Schadensersatz an den vermeintlichen Vater zurückzuzahlen. Damit würde das regelmäßig vermögenslose Kind mit einer Verbindlichkeit belastet und müsste zu deren Tilgung erst später zu erwerbendes Einkommen oder Vermögen aufwenden. Hierin liege eine Benachteiligung sowohl ggü. Unbemittelten, denen Prozesskostenhilfe gewährt werde, als auch ggü. Bemittelten, welche die Kosten des Rechtsstreits ohne Prozesskostenhilfe tragen könnten.
Es sei abgesehen von der Zweifelhaftigkeit der Möglichkeit einer zeitnahen Durchsetzung des Anspruchs auf einen Prozesskostenvorschuss unangemessen, dem Kind beantragte Prozesskostenhilfe mit Hinweis auf eine Prozesskostenvorschusspflicht des Putativ-Vaters zu versagen (so im Ergebnis auch OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.9.2007 - 2 WF 126/07 - nicht veröffentlicht; OLG Koblenz FamRZ 1998, 761 und 1999, 241; ebenso Gerhardt/Pieper, a.a.O.; Gerhardt/Geißler, a.a.O., Musielak/Fischer, a.a.O., § 115 Rz. 40; Zöller/Philippi, a.a.O., § 641d Rz. 13).
Link zur Entscheidung
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 03.06.2008, 2 WF 128/07