Leitsatz
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war die dem Beklagten bewilligte Prozesskostenhilfe ohne Auferlegung von Ratenzahlungen.
Gegen den PKH bewilligenden Beschluss richtete sich die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors unter Hinweis auf die zu § 82 SGB XII ergangene Durchführungsverordnung vom 28.11.1962. Dort sei unter § 3 Abs. 6 Ziff. 2 geregelt, dass ein monatlicher Pauschbetrag von 5,20 EUR für jeden vollen Kilometer - begrenzt auf höchsten 40 km - in Abzug gebracht werden könne, soweit der Beklagte seinen eigenen Kraftwagen für den Weg zur Arbeit nutze. Unter Zugrundelegung der Höchstgrenze ergebe sich ein möglicher abzugsfähiger Betrag i.H.v. 208,00 EUR.
Das AG hat der sofortigen Beschwerde der Staatskasse nicht abgeholfen und zur Begründung u.a. auf dem Beklagten entstehende Fahrtkosten i.H.v. 440,00 EUR hingewiesen.
Das Rechtsmittel erwies sich als teilweise begründet.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG kam zu dem Ergebnis, der Beklagte habe nach Abzug der gemäß § 115 Abs. 1 S. 2 ZPO zu berücksichtigenden Positionen ein einzusetzendes Einkommen i.H.v. 17,41 EUR, das eine monatliche Rate i.H.v. 15,00 EUR rechtfertige.
Hinsichtlich der von dem Beklagten angegebenen Fahrtkosten verwies das OLG auf § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1a i.V.m. § 32 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII, wonach vom Einkommen die mit der Erzielung des Einkommens notwendigen Ausgaben abzusetzen seien. Wie diese sich bestimmten, definiere § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII nicht. Gemäß § 3 Abs. 6 Nr. 2 der Durchführungsverordnung (DVO) zu § 82 SGB XII sei bei notwendiger Nutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz ein Betrag von 5,20 EUR pro einfachen Kilometer anzusetzen.
Ob dies auch entsprechend dem Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu handhaben sei, sei streitig. Die obergerichtliche Rechtsprechung sei insoweit uneinheitlich.
Zur Berechnung der Höhe der Fahrtkosten seien die Bestimmungen in den unterhaltsrechtlichen Leitlinien heranzuziehen. Nach Auffassung des OLG verweise § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 ZPO ausdrücklich nur auf § 82 Abs. 2 SGB XII, nicht dagegen auf die Verordnungsermächtigung in § 96 Abs. 1 SGB XII. Im Übrigen sei der geringere Ansatz der Fahrtkosten entsprechend der DVO auch sachlich nicht gerechtfertigt, nachdem die Festsetzung des Betrages der Höhe nach seit 1996 unverändert geblieben sei.
Nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1a ZPO seien dem Grunde nach die Fahrtkosten zur Arbeitsstätte abzusetzen, sofern diese notwendig seien. Eine Verweisung auf die Berechnung der Höhe nach liege nicht vor. Diese könne geschätzt werden, wobei Grundlage der Schätzung neben der DVO auch die Berücksichtigung der Fahrtkosten entsprechend den unterhaltsrechtlichen Leitlinien sein könne. Ein Betrag von 5,20 EUR stehe in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Fahrtkosten. Dies gelte auch dann, wenn daneben die Kosten für die Kfz-Versicherung und die Finanzierung berücksichtigt würden. Vielmehr böten die in den Leitlinien aufgeführten Beträge einen realistischen Ansatz zur Ermittlung der berufsbedingten Kosten, die nach den Vorgaben des Gesetzgebers abzusetzen seien. Gemäß Ziff. 10.2.2. der Thüringer Leitlinien, Stand 1.1.2008 und 1.1.2009, seien damit 0,30 EUR pro gefahrenen Kilometer abzusetzen. Damit seien alle im Zusammenhang mit der Nutzung des Fahrzeugs entstandenen berufsbedingten Kosten abgegolten.
Link zur Entscheidung
Thüringer OLG, Beschluss vom 11.06.2009, 1 WF 126/09