Leitsatz
Kernproblem dieser Entscheidung war die Frage, inwieweit eine Verpflichtung zur außergerichtlichen Streitschlichtung bzw. Einschaltung des Jugendamtes vor Einleitung eines Verfahrens in Sorge- und Umgangsrechtsstreitigkeiten besteht.
Sachverhalt
Der Kindesvater hatte seit dem Jahre 2002 keinen Kontakt mehr zu seiner im Dezember 1996 geborenen Tochter gehabt. Vorausgegangen war ein im Jahr 2000 von dem Vater eingeleitetes Umgangsrechtsverfahren, in dem ein vom Gericht bestellter Sachverständiger festgestellt hatte, dass der Verdacht auf eine sexuelle Motivation des Vaters ggü. dem Kind bestehe. Daraufhin hatte er seinen Antrag zurückgenommen. Im Jahre 2007 kam es zu einer schriftlichen Kontaktanbahnung, die jedoch sodann wieder abgebrochen wurde. Im Jahre 2009 suchte der Kindesvater erneut schriftlichen Kontakt zu seiner Tochter, die sodann die Aussetzung des Umgangsrechts in der Form beantragte, dass weder der persönliche noch die Aufnahme von Kontakten durch Fernkommunikationsmittel oder in schriftlicher Form ausgeübt werde. Sie trug vor, eine Kontaktaufnahme nicht zu verkraften, zumal ihr Vater keinerlei Rücksicht auf ihre Person nehme, sie beleidige und beschuldige. Zugleich hat sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt.
Das FamG hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen mit der Begründung, das beabsichtigte Verfahren sei mutwillig, da die Antragstellerin vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens mit dem Ziel der Vermeidung persönlicher Kontakte gehalten sei, zunächst auf außergerichtlichem Weg zu einer gütlichen Einigung mit dem Antragsgegner zu kommen.
Die gegen den ablehnenden PKH-Beschluss von der Antragstellerin eingelegte sofortige Beschwerde blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Auch das OLG vertrat die Auffassung, die beabsichtigte Rechtsverfolgung sei mutwillig, da die Antragstellerin den Versuch einer außergerichtlichen Streitschlichtung durch Einschaltung des Jugendamtes nicht unternommen habe. Ein Beteiligter, der das Verfahren aus eigenen Mitteln zahlen müsste, würde zunächst versuchen, eine Einigung mit dem Antragsgegner in kostengünstiger Weise zu erreichen. Die Inanspruchnahme außergerichtlicher Beratung durch das Jugendamt sei zwar nicht Voraussetzung für das Entstehen eines Rechtsschutzinteresses für ein gerichtliches Umgangsverfahren. Jedoch bestehe ein Rechtsanspruch auf Beratung durch das Jugendamt nach § 18 SGB VIII. In vielen Fällen sei das Jugendamt in der Lage, zwischen den Eltern/Kindern zu vermitteln, so dass es einer Partei zuzumuten sei, zunächst auf diese Weise den Versuch einer gütlichen Einigung zu machen, bevor sie staatliche Prozesskostenhilfe in Anspruch nehme.
Hinweis
Die Entscheidung des OLG Saarbrücken zeigt deutlich auf, dass jeder Antragsteller auch in Kindschaftssachen zunächst den Weg zum Jugendamt suchen sollte, um eine außergerichtliche Konfliktlösung zu finden, da anderenfalls die Gefahr besteht, dass ihm die begehrte Verfahrenskostenhilfe für ein gerichtliches Verfahren wegen Mutwilligkeit versagt wird.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn er gravierende Gründe vorbringt, die die Aussichtslosigkeit einer außergerichtlichen Streitbeilegung nahe legen.
Link zur Entscheidung
Saarländisches OLG, Beschluss vom 25.08.2009, 9 WF 77/09