Leitsatz
Überträgt ein Testamentsvollstrecker in Erfüllung seiner Aufgabe ein Grundstück, muss das Grundbuchamt dessen Verfügungsbefugnis überprüfen. Sind hinreichende Tatsachen vorhanden, die gegen eine Testierfähigkeit des Erblassers sprechen, bestehen an der Verfügungsbefugnis ernsthafte Zweifeln, da rechtsgrundlose Verfügungen als unentgeltliche anzusehen sind.
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer (Testamentsvollstrecker und Vermächtnisnehmer) wendet sich gegen die Zurückweisung seines Eintragungsantrages durch das Grundbuchamt (GBA). Der Erblasser hatte ihm eine Wohnung vermacht, deren Auflassung er unter Vorlage seines Testamentsvollstreckerzeugnisses begehrte. Aufgrund der beigezogenen Nachlassakten hatte das GBA jedoch Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers, denen es sich nicht verschließen konnte.
Entscheidung
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Eine Auflassung darf das GBA nur dann vornehmen, wenn ihm die Einigung über den Rechtsübergang nachgewiesen ist (§ 925 BGB, § 20 GBO). Da die Auflassung auf Verkäuferseite durch den Verfügungsbefugten erklärt werden muss, hat das GBA diese Befugnis beim Testamentsvollstrecker zu prüfen. Ist ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt, hat das GBA grundsätzlich keine eigene Prüfung oder ergänzende Auslegung vorzunehmen (§ 2368 BGB, § 35 Abs. 2 GBO). Ein Missbrach ist nur beachtlich, wenn er mit im GB-Verfahren zulässigen Beweismitteln nachgewiesen wäre. Ebenfalls scheitert die Verfügung nicht an § 181 BGB.
Das GBA hat aber zu berücksichtigen, dass der Testamentsvollstrecker zu unentgeltlichen Verfügungen nur befugt ist, wenn alle Erben und Vermächtnisnehmer der Verfügung zustimmen (§ 2205 Satz 3 BGB) oder, wenn die Verfügung in Erfüllung einer letztwilligen Verfügung des Erblassers vorgenommen wird, dass die Verfügung wirksam sein muss, da sie ansonsten einer unentgeltlichen gleichzustellen wäre. Auf die Erkennbarkeit für den Testamentsvollstrecker kommt es nicht an.
Der Nachweis, dass es sich um die Erfüllung eines Vermächtnisses handelt, würde die Unentgeltlichkeit ausschließen. Es bedarf hier nicht der Form des § 29 GBO, sowohl GBA als auch Tatrichter entscheiden im Wege der freien Beweiswürdigung. Zwar bildet die Testierfähigkeit den Regelfall, doch genügen bereits ernsthafte, auch aus Umständen außerhalb der Eintragungsunterlagen herleitbare, hinreichende Tatsachen, die die Testierfähigkeit und damit die Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung in Frage stellen, um die Pflichtmäßigkeit der Verfügung des Testamentsvollstreckers in Zweifel zu ziehen.
Aus den beigezogenen Nachlassakten ergibt sich Folgendes: Im Jahr 2005 (Verfügung mit Bestellung zum Testamentsvollstrecker) bewertet der psychiatrische Sachverständige die Zweifel an der Testierfähigkeit als "eher gering". Für die Zeit der Vermächtniserrichtung 2006 sei jedoch wegen einer progressiven Demenz von einer höheren bis beträchtlichen Wahrscheinlichkeit von der Testierunfähigkeit auszugehen. Gestützt wurde dies von der behandelnden Ärztin des Erblassers. Insgesamt genügen die Umstände, um Zweifel an der Testierfähigkeit 2006 und damit der Pflichtmäßigkeit der Verfügung hervorzurufen. In einem solchen Fall muss es den potentiellen Erben vorbehalten bleiben, ihre vermeintlichen Erbansprüche im ordentlichen Prozessverfahren mit den dort gegebenen umfassenden Beweismöglichkeiten geltend zu machen.
Gem. § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO hatte das GBA die beantragte Eintragung wegen Hindernissen zurückzuweisen oder eine Zwischenverfügung zu erlassen. Vorliegend war die Zurückweisung sachgerecht, da weder die Beibringung von die Zweifel entkräftenden Anhalten oder Beweisen zu erwarten noch die Erbenzustimmung sowie die Beschaffung des notwenigen Erbscheins abzusehen war.
Link zur Entscheidung
OLG München, Beschluss vom 30.06.2010, 34 Wx 31/10