Rn 58
Die Verfahrensbeistandschaft kann vor Abschluss des Verfahrens aufgehoben werden; das gilt auch dann, wenn die Bestellung im Wege eines Beschlusses und nicht durch verfahrensleitende Verfügung erfolgt ist. Nunmehr wird ausdrücklich geregelt, unter welchen Voraussetzungen die Bestellung des Verfahrensbeistands ausnw aufgehoben werden kann.
a) Auf Antrag des Verfahrensbeistands, Abs 4 S 2 Nr 1.
Rn 58a
Das Gesetz sieht zum einen vor, dass der Verfahrensbeistand die Aufhebung seiner Bestellung ausdrücklich beantragt. Diesem Antrag kann nur dann entsprochen werden, wenn der Entlassung keine erheblichen Gründe entgegenstehen. Erhebliche Gründe können nach der Gesetzesbegründung insbesondere dann vorliegen, wenn das Amt zur Vermeidung besonderer Anforderungen aufgegeben werden soll (BTDrs 19/23707, 53).
Rn 59
Das Gericht darf die Verfahrensbeistandschaft nicht dadurch ineffektiv machen, dass es ohne nachvollziehbare Begründung den mit der Angelegenheit und va dem Kind vertrauten Verfahrenspfleger kurz vor Abschluss des Verfahrens entpflichtet und einen neuen bestellt, der nicht mehr die Möglichkeit hat, sich in angemessener Weise mit der Sache vertraut zu machen (BGH FuR 11, 401, vgl. auch BTDrs 19/23707, 53).
Rn 59a
Die Bestellung kann aber ausnahmsweise aufgehoben werden, wenn die Erforderlichkeit hierfür iSv Abs 1 bis 3 nachträglich nicht mehr besteht. Allein die Tatsache, dass für das Kind ein Anwalt beauftragt worden ist, beseitigt die Erforderlichkeit der fortgesetzten Bestellung des Verfahrensbeistands nicht. Dies hat der Gesetzgeber mit der ersatzlosen Streichung des § 158 V aF deutlich gemacht. Sucht sich das gem § 9 I Nr 3 verfahrensfähige jugendliche Kind selbst einen Anwalt aus, steht dies seiner fortgesetzten Interessenwahrnehmung durch den Verfahrensbeistand nicht entgegen. Auf der anderen Seite kann nicht die Beiordnung des Anwalts unter Hinweis auf den bestellten Verfahrensbeistand versagt werden (Prütting/Helms/Hammer § 158 Rz 53; Stuttg FamRZ 14, 1482; Dresd FamRZ 14, 1042).
Rn 59b
Keinesfalls kann die Aufhebung der Verfahrensbeistandschaft erfolgen, um (s)ein Rechtsmittel gegen die in der Hauptsache getroffene Entscheidung zu verhindern (Hamm FamRZ 07, 2002).
b) Entlassung wegen Gefährdung der Interessen des Kindes, Abs 4 S 2 Nr 2.
Rn 60
Ist der Verfahrensbeistand nachträglich nicht mehr geeignet und werden hierdurch die Interessen des Kindes gefährdet, muss er entlassen und durch einen anderen Verfahrensbeistand ersetzt werden. Ein Verfahrensbeistand kann grds nicht wegen der Art und Weise, in der er seine Tätigkeit ausübt, entlassen werden, da er nicht der Weisung des Familiengerichts unterliegt (Prütting/Helms/Hammer § 158 Rz 47; Sternal/Schäder § 158 Rz 40; Kobl FamRZ 19, 362; Hambg FamRZ 16, 1694; KarlsrFamRZ 14, 1136). Hierfür reicht es nicht aus, dass er an einem Erörterungstermin urlaubsbedingt nicht teilnehmen kann (BGH FuR 11, 401). Bei der Auslegung des Prüfungsmaßstabes der ›Gefährdung der Kindesinteressen‹ muss das Familiengericht das Spannungsverhältnis zwischen seiner Pflicht, dem minderjährigen Kind zur Wahrnehmung seiner verfahrensrechtlichen Interessen einen in persönlicher und fachlicher Hinsicht geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen und dem Umstand, dass der Verfahrensbeistand ein einseitiger Vertreter des Kindes ist, der seine Aufgaben eigenständig, frei von Weisungen wahrnimmt, berücksichtigen. Dieser ›advokatorische Charakter‹ des Anwalts des Kindes macht es erforderlich, den Prüfungsmaßstab für eine Aufhebung der Bestellung äußerst restriktiv und mit größter Zurückhaltung zu handhaben (KG FF 21, 507).
Beachtenswerte Gründe für eine Aufhebung der Verfahrensbeistandschaft können gegeben sein, wenn zwischen dem Verfahrensbeistand und einem Elternteil beidseitig unüberbrückbare, im Persönlichen begründete Differenzen bestehen, die eine fortgesetzte am Kindeswohl orientierte Wahrnehmung der Kindesinteressen unmöglich erscheinen lassen (Karlsr FamRZ 14, 1138: Strafanzeige gegen einen Elternteil; KG ZKJ 08, 120: zerrüttetes Verhältnis zu einem Elternteil). Genauso kann die Ablehnung des Kindes die Entlassung rechtfertigen, wenn eine vertrauensvolle, umsichtige Beziehung zwischen Kind und Verfahrensbeistand für die Dauer des Verfahrens nicht mehr möglich ist (Naumbg FamRZ 00, 300). Demgegenüber reicht es nicht aus, dass sich aus der eigenständigen Rolle des Verfahrensbeistands Konflikte mit anderen Verfahrensbeteiligten ergeben haben (Kobl FamRZ 19, 362; KG FamRZ 14, 459); insb ist der Verfahrensbeistand nicht zur Neutralität verpflichtet, weshalb eine einseitige, engagierte Wahrnehmung der kindlichen Interessen nicht zu seiner Entlassung führen darf (Hamm FamRZ 08, 427). Umgekehrt kann auch der Umstand, dass der Verfahrensbeistand bei seinem Bemühen, die Interessen des Kindes wahrzunehmen, versucht hat, eine vermittelnde Stellung zwischen den zerstrittenen Eltern einzunehmen, seine Entlassung nicht rechtfertigen (FamRZ 03, 881).
Rn 61
Ein Beteiligter eines kindschaftsrechtlichen Verfahrens kann beim Familiengericht die Prüfung anregen, ob die Bestellung des Verfahrensbeistands aufzuheben ist; aus dies...