Gesetzestext
(1) Das Verfahren wird durch einen Antrag eingeleitet.
(2) 1In dem Antrag sollen das Verfahrensziel und die betroffenen Personen bezeichnet werden. 2In einem Verfahren auf Anfechtung der Vaterschaft nach § 1600 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sollen die Umstände angegeben werden, die gegen die Vaterschaft sprechen, sowie der Zeitpunkt, in dem diese Umstände bekannt wurden.
A. Verfahrenseinleitung auf Antrag.
Rn 1
Die Norm ordnet für Abstammungsverfahren das Antragsprinzip an. Das Erfordernis dieser Regelung ergibt sich aus der Verlagerung der Abstammungssachen in das FamFG, welches – anders als § 253 ZPO – neben der grundsätzlichen Disposition der Parteien über das Verfahren allgemein auch eine solche vAw vorsieht, vgl § 24 I. Letztere wird durch § 171 vor dem Hintergrund der Familienautonomie und Privatsphäre der Beteiligten im Abstammungsverfahren ausgeschlossen, selbst wenn das Gericht Zweifel an der biologischen Abstammung eines Kindes hat. Der Amtsermittlungsgrundsatz gem § 26 gilt jedoch in den Grenzen des § 177. Die Notwendigkeit der Klageerhebung und damit der Bekanntgabe des Antrags ist freilich entfallen, weshalb eine lediglich formlose Mitteilung gegenüber den sonstigen Verfahrensbeteiligten ausreichend ist.
Rn 2
Die Antragstellung setzt als Verfahrenshandlung zwingend Verfahrensfähigkeit iSd § 9 voraus und legt ungeachtet des weitgehenden Amtsermittlungsprinzips Inhalt und Umfang des Verfahrens verbindlich fest. Hinsichtlich des Antragsinhalts stellt Abs 2 eine Sonderregelung im Verhältnis zu § 23 dar (MüKoFamFG/Coester-Waltjen/Lugani Rz 1, 4).
Rn 3
Die rechtzeitige Einreichung des Antrags beim zuständigen Gericht (§ 25 III 2) wirkt hinsichtlich der Einhaltung der materiell-rechtlichen Anfechtungsfrist von 2 Jahren ab Kenntnis der gegen die Vaterschaft sprechenden Umstände nach § 1600b I BGB bei Anfechtung der Vaterschaft fristwahrend. Zu beachten ist ferner, dass für die Beurteilung des Bestehens einer sozial-familiären Beziehung zwischen rechtlichem Vater und Kind wegen verfassungskonformer Auslegung des § 1600 II BGB ausnw nicht auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, sondern auf den der Verfahrenseinleitung abzustellen sein kann (Schlesw BeckRS 21, 47239).
B. Anforderungen an den Inhalt des Antrags.
I. Mindestangaben.
Rn 4
Mindestinhalt des verfahrenseinleitenden Antrags ist nach Abs 2 S 1 die Bezeichnung des Verfahrensziels und der betroffenen Personen. Diese Angaben dienen der Abgrenzung des Verfahrensgegenstands und sind abhängig vom materiellen Recht, also insb dem Begehren des ASt. Nach Wortlaut der Vorschrift handelt es sich jedoch lediglich um eine Soll-Vorschrift, deren Missachtung durch den ASt eine Zurückweisung des Antrags wegen Unzulässigkeit nicht rechtfertigt. Das Gericht hat einen entsprechenden Ergänzungshinweis zu erteilen (HK-ZPO/Kemper FamFG Rz 4). Dennoch wurde im Einzelfall ein Auskunftsanspruch des leiblichen Vaters gegen die Kindesmutter aus § 242 BGB abgeleitet (Hamm BeckRS 18, 37359). Die Zulässigkeit eines Antrags auf Vaterschaftsfeststellung setzt ferner die Angabe von Anhaltspunkten voraus, die eine Vaterschaft als möglich erscheinen lassen, auch wenn insoweit geringe Anforderungen zu stellen sind (Braunschw FamRZ 20, 1200).
II. Ergänzende Angaben in Verfahren nach § 1600 I Nr 1–4.
Rn 5
In den Vaterschaftsanfechtungsverfahren nach § 1600 I Nr 1–4 BGB bedarf es gem II S 2 zusätzlich der substanziierten Darlegung aller gegen die Vaterschaft sprechenden Indiztatsachen sowie des Zeitpunktes, in dem diese Umstände bekannt wurden. Gemeint sind all diejenigen Umstände, die bei objektiver Betrachtung geeignet sind, Zweifel an der Vaterschaft zu begründen und daher die Möglichkeit einer anderweitigen Abstammung des Kindes nicht ganz fernliegend erscheinen lassen. Ausreichend ist ein entsprechender Anfangsverdacht. Beurteilungsmaßstab ist dabei die Sicht eines objektiven, verständigen Betrachters iS eines naturwissenschaftlich nicht vorgebildeten Laien. Liegt ein hinreichender Verdacht bezüglich der Nichtvaterschaft vor, ist der Sachverhalt vAw aufzuklären (Sternal/Giers Rz 5, 7).
Rn 6
Die Angabe des Zeitpunkts der Kenntniserlangung ermöglicht es dem Gericht, die Einhaltung der Anfechtungsfrist nach § 1600b I BGB zu ermitteln. Ist danach die Vaterschaft nicht rechtzeitig durch den gesetzlichen Vertreter angefochten worden, besteht weiterhin das Recht des Kindes, nach Eintritt der Volljährigkeit selbst ein solches Anfechtungsverfahren gem § 1600b III BGB einzuleiten (Sternal/Giers Rz 6).
Rn 7
Problematisch ist, auf welchen Zeitpunkt abzustellen ist, wenn dem Antrag ein Verfahren zur Klärung der leiblichen Abstammung nach § 1598a BGB vorausgegangen ist, durch welches der Lauf der Anfechtungsfrist gem § 1600b V BGB gehemmt wird. Da bereits bei dessen Einleitung Zweifel des Mannes an seiner Vaterschaft zu unterstellen sind, beginnt auch die Anfechtungsfrist spätestens mit Beginn dieses Klärungsverfahrens zu laufen (HK-ZPO/Kemper FamFG Rz 8).
Rn 8
In der Abweisung eines Anfechtungsantrags liegt weder eine positive noch negative Entscheidung über die Abstammung des Kindes. Die materielle Rechtskraft erstreckt si...