Gesetzestext
(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder |
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die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. |
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
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Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, |
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Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie |
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Freiheitsentziehungssachen. |
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.
A. Überblick.
Rn 1
§ 70 regelt, in welchen Fällen gg eine Beschwerdeentscheidung eine weitere Instanz eröffnet ist. §§ 71 ff enthalten weitere Zulässigkeitsvoraussetzungen, regeln den Umfang der Überprüfung der Beschwerdeentscheidung u das Rechtsbeschwerdeverfahren. Die Vorschriften gelten gem § 113 I 1 auch für Ehe- u Familienstreitsachen (§§ 121, 112) u werden – anders als gem § 117 die Vorschriften über die Beschwerde nach §§ 58 ff v den dort in Bezug genommenen Vorschriften der ZPO über die Berufung – nicht durch die revisionsrechtlichen Normen der ZPO (§§ 542 ff ZPO) ergänzt, sind diesen aber zum großen Teil nachgebildet. Auch die in fG-Familiensachen zulässige isolierte Anfechtung v Kostenentscheidungen (s § 58 Rn 2) unterliegt den Beschränkungen des § 70 (BGH FamRZ 21, 538).
B. Norminhalt.
I. Zulassungsbeschwerde, Ausnahme, Ausschluss.
Rn 2
In Familiensachen (§ 111) eröffnen I, II auf Zulassung durch das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde gg Beschwerdeendentscheidungen (BGH FamRZ 12, 619). Eine Ausn gilt nach § 117 I 4 iVm § 522 I 4 ZPO bei der Verwerfung der Beschwerde in Ehe- u Familienstreitsachen als unzulässig. Komplett ausgeschlossen ist die Rechtsbeschwerde im EA- u Arrestverfahren, IV iVm §§ 49 ff, 119 II. Diese Begrenzung gilt auch für Entscheidungen gem § 62 nach Erledigung des EA-Verfahrens (BGH FamRZ 20, 1749), nicht jedoch für das Vollstreckungsverfahren, das als selbstständiges Verfahren m einem eigenen Rechtsmittelzug ausgestattet ist (BGH FamRZ 15, 2147).
II. Zulassungsgründe, Beschränkung der Zulassung, Zulassungsentscheidung, Bindung an die Zulassung.
Rn 3
S § 543 ZPO Rn 10 ff, § 574 ZPO Rn 7 ff u § 61 Rn 6. Grundsätzliche Bedeutung liegt nicht vor, wenn eine Rechtsfrage zwar vom BGH bislang noch nicht entschieden worden ist, in der Rspr der OLG aber einhellig beantwortet wird u abw Meinungen hierzu in der Literatur vereinzelt geblieben sind (BGH FamRZ 19, 1045). Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden (II 2). Die Bindungswirkung bezieht sich aber nur auf das Vorliegen eines Zulassungsgrunds nach II 1; sie gilt nicht, wenn die Rechtsbeschwerde schon unstatthaft ist (BGH FamRZ 11, 282) oder die Erstbeschwerde bereits nicht statthaft war (BGH FamRZ 17, 1583). Eine beschränkte Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nur bzgl selbstständiger Teile des Verfahrensgegenstandes möglich. Insofern kann die Zulassung des Rechtsmittels beschränkt werden, wenn auch das Rechtsmittel selbst entspr beschränkt werden könnte. Im VA ist eine Beschränkung auf die Teilung eines oder mehrerer Versorgungsanrechte möglich, wenn nicht besondere Gründe die Einbeziehung sonstiger Anrechte zwingend erfordern. Letzteres ist bei der nach § 27 VersAusglG vorzunehmenden Gesamtabwägung (BGH FamRZ 21, 211) und bei § 18 I VersAusglG sowie uU bei § 18 II VersAusglG der Fall (s.a. § 65 Rn 3). Die Beschränkung auf einzelne Rechtsfragen, die nicht ausschl einen abgrenzbaren Teil des Verfahrensgegenstandes betreffen, ist hingegen nicht möglich (BGH FamRZ 12, 99). Eine fehlerhafte Beschränkung ist unwirksam. Die wirksame Beschränkung kann sich aus den Entscheidungsgründen ergeben, wenn aus diesen klar hervorgeht, dass das Beschwerdegericht die Möglichkeit der Nachprüfung nur wg eines abtrennbaren Teils seiner Entscheidung eröffnen wollte (BGH FamRZ 21, 1955). Keine nachträgliche Zulassung gem §§ 42 f oder auf Gegenvorstellung bei vergessener Zulassung oder unterlassener bzw fehlerhafter Zulassungsprüfung; hingegen möglich gem § 44, wenn Nichtzulassung auf Gehörsverstoß beruht (BGH FamRZ 23, 1646).