Gesetzestext
Die §§ 18 bis 20 stehen der Erledigung eines Ersuchens um Überstellung und Rechtshilfe eines internationalen Strafgerichtshofes, der durch einen für die Bundesrepublik Deutschland verbindlichen Rechtsakt errichtet wurde, nicht entgegen.
A. Regelungszusammenhang.
Rn 1
Der § 21 GVG enthält eine Ausn von der Immunität für den Bereich der internationalen Rechts- und Amtshilfe. Die Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Ausführung des Römischen Statuts (RömStatut) des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in das GVG eingefügt (BGBl II 00, 1393) und räumt den Ersuchen des IStGH um Überstellung und Rechtshilfe den Vorrang vor den sich aus §§ 18–20 GVG ergebenden Freistellungen von der deutschen Gerichtsbarkeit ein. Gegen seine umfassende Geltung bestehen mit Blick auf insoweit vorrangige allg völkerrechtliche Prinzipien keine durchgreifenden Bedenken, obwohl nicht alle Vertragsstaaten der in §§ 18, 19 GVG in Bezug genommenen Wiener Abk (WÜD/WÜK) das RömStatut zur Errichtung des IStGH unterzeichnet haben.
B. Verhältnis zur nationalen Rechtsprechung.
Rn 2
Das Statut ist nach Ratifizierung durch 60 Staaten im April 2002 in Kraft getreten (Art 126 RömStatut). Der IStGH ist für die in Art 5 ff RömStatut bezeichneten schweren Kriegsverbrechen, etwa den Völkermord, zuständig. Der IStGH ist rechtskonstruktiv anders als der Internationale Gerichtshof oder die eigenen Tribunale für Kriegsverbrechen im früheren Jugoslawien bzw in Ruanda kein Organ der UN, sondern ein solches der Vertragsstaaten des RömStatuts, deren Rspr er ergänzt, mit eigener Völkerrechtspersönlichkeit (Art 4 RömStatut). Art 17 RömStatut begründet allerdings einen Vorrang innerstaatlicher Verfolgung vor der (subsidiären) durch den IStGH. Der Bundesgesetzgeber hat insoweit inzwischen ein eigenes Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) erlassen (BGBl I 02, 2254), das diese Delikte und daneben weitere völkerrechtliche Verbrechen erfasst. Für die innerstaatliche (deutsche) Strafverfolgung behalten die Immunitätsregeln der §§ 18–20 GVG allerdings ihre Geltung, da die Ausn sich nur auf die Rechtshilfe bezieht. Nach dem § 153 f II 1 Nr 4 StPO kann die (deutsche) Staatsanwaltschaft von der Verfolgung einer nach §§ 6 bis 14 VStGB strafbaren, im Ausland begangenen Tat (§ 153c I Nr 1 u Nr 2 StPO) absehen, wenn diese vor einem internationalen Gerichtshof verfolgt wird. Der hierdurch begründete Zusammenhang zwischen der deutschen und der internationalen Strafgerichtsbarkeit führt jedoch nicht dazu, dass der IStGH funktional in die nationale Gerichtsbarkeit eingegliedert wäre (dazu BVerfG NStZ 11, 353 [BVerfG 01.03.2011 - 2 BvR 1/11]).
C. Täterkreis.
Rn 3
Die Zuständigkeit des IStGH gilt funktionsunabhängig für alle Staatsbürger der Unterzeichnerstaaten und für die Täter der in ihrem Hoheitsgebiet begangenen Verbrechen des sachlichen Zuständigkeitskatalogs.