Gesetzestext
(1) Verbraucher können Ansprüche oder Rechtsverhältnisse, die Gegenstand einer Verbandsklage sind, bis zum Ablauf von drei Wochen nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung zur Eintragung in das Verbandsklageregister anmelden. § 193 des Bürgerlichen Gesetzbuchs findet keine Anwendung.
(2) Die Anmeldung ist nur wirksam, wenn sie frist- und formgerecht erfolgt und folgende Angaben enthält:
1. |
Name und Anschrift des Verbrauchers, |
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Angabe, ob die Anmeldung als kleines Unternehmen im Sinne des § 1 Absatz 2 erfolgt, |
3. |
Bezeichnung des Gerichts und Aktenzeichen, |
4. |
Bezeichnung des Beklagten, |
5. |
Gegenstand und Grund des Anspruchs oder des Rechtsverhältnisses des Verbrauchers, |
6. |
Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben. |
Wird ein Zahlungsanspruch angemeldet, so soll die Anmeldung auch Angaben zur Höhe dieses Anspruchs enthalten.
(3) Die Angaben der wirksamen Anmeldung werden ohne inhaltliche Prüfung in das Verbandsklageregister eingetragen.
(4) Die Anmeldung kann bis zu dem in Absatz 1 genannten Zeitpunkt zurückgenommen werden. § 193 des Bürgerlichen Gesetzbuchs findet keine Anwendung.
A. Zweck.
Rn 1
Die Verbandsklagen des VDuG sind als opt-in-Modell konzipiert, dh, sie wirken auf Individualansprüche nur dann, wenn diese zum VDuG-Verfahren angemeldet werden. Dies ist europarechtlich nicht zwingend, da gem Art 9 II EU-RL 2020/1828 für inländische Verbraucher auch opt-out-Klagen möglich sind, war aber rechtspolitisch gewollt.
B. Wirkung der Anmeldung.
I. Sperrwirkung.
Rn 2
Mit der Anmeldung entsteht die Sperrwirkung gem § 11 II, dh, der angemeldete Verbraucher kann keine Individualklage mehr erheben. Ist diese bereits erhoben, so wird sie gem § 11 I ausgesetzt. Die Sperrwirkung endet mit Rücknahme der Anmeldung oder gem § 11 I mit Abschluss des Verbandsklageverfahrens oder wenn der Verbraucher im Umsetzungsverfahren mit seinem Anspruch scheitert (s § 39 Rn 1).
II. Bindung an das Verfahrensergebnis.
Rn 3
Die Anmeldung führt zu einer Bindung an ein etwaiges Musterfeststellungsurteil oder Abhilfegrundurteil im ggf nachfolgenden Individualprozess, § 11 III.
III. Hemmung der Verjährung.
Rn 4
Die Verjährungshemmung ist in § 204a BGB geregelt. Ebenso wie bereits bei der Musterfeststellungsklage wirkt die Anmeldung auf den Zeitpunkt der Erhebung der Verbandsklage zurück, dh auch ein eigentlich verjährter Anspruch wird durch Anmeldung wieder durchsetzbar, wenn die Verbandsklage noch in unverjährter Zeit erhoben wurde (BGH NJW 21, 3250, 3251 [BGH 29.07.2021 - VI ZR 1118/20] zur Musterfeststellungsklage).
Rn 5
In § 204a BGB wird bezüglich der Verjährungshemmung unterschieden zwischen Unterlassungsklagen gem UklaG oder UWG, die auch ohne Anmeldung eine umfassende Verjährungshemmung für alle einschlägig betroffenen Individualansprüche bewirken, und andererseits Klagen nach VDuG, bei denen diese Hemmungswirkung von der aktiven Anmeldung durch den einzelnen Betroffenen abhängt. Dies ist europarechtlich wegen Art 16 II EU-RL 2020/1828 problematisch (Gsell BKR 21, 521, 525; Gsell/Meller-Hannich JZ 22, 421, 425) und macht schon deswegen keinen Sinn, weil ein Unterlassungsurteil notwendig die Feststellung der Rechtswidrigkeit des inkriminierten Verhaltens einschließt (vgl Meller-Hannich DB 23, 628, 634).
C. Befugnis zur Ameldung.
Rn 6
Die Anmeldung ist nach dem Wortlaut der Vorschrift für ›Verbraucher‹ möglich, also auch für Kleinunternehmer iSd § 1 II. Ob der Sitz oder Wohnsitz im In- oder Ausland liegt, ist irrelevant (Röthemeyer Rz 24).
Rn 7
Auch eine Abtretung des Anspruchs steht dessen Anmeldung nicht im Wege. Problematisch ist dabei nur der Fall, dass der ursprünglich einem Verbraucher iSd § 1 II zustehende Anspruch an einen Nicht-Verbraucher abgetreten wird, dh an ein Unternehmen, welches die Größenmerkmale des § 1 II überschreitet. Dieses wäre dann möglicherweise zur Anmeldung nicht befugt (Röthemeyer § 29c ZPO Rz 10). Der Sache nach geht es hier um den theoretisch möglichen Fall, dass zunächst eine Anspruchsdurchsetzung per Inkassozession angedacht war, dann aber diese Ansprüche von dem Unternehmer-Zessionar zu einem VDuG-Verfahren angemeldet werden sollen. Im Interesse der Verfahrenseffizienz spricht nichts dagegen, auch diese Ansprüche in das VDuG-Verfahren einzubeziehen (Röß NJW 20, 953, 955). Es reicht daher aus, wenn der Anspruch ursprünglich einem Verbraucher zustand. Die Alternative wäre eine unnötige Förmelei durch Hin- und Her-Zession nur zum Zwecke der Anmeldung.