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Für Rechtsmittelbegründungen müssen – um auch für den Fall von Zwischenfällen die rechtzeitige Bearbeitung sicher zu stellen – Vorfristen (idR etwa 1 Woche) notiert werden, zu dem die Akten einem Rechtsanwalt vorgelegt werden müssen (BGH NJW-RR 23, 1284 [BGH 21.06.2023 - XII ZB 418/22]; NJW-RR 22, 1717 [BGH 20.09.2022 - VI ZB 17/22] Rz 7; NJW 94, 2831); dass hierzu geeignete Anweisungen bestehen, hat der Anwalt im Wiedereinsetzungsverfahren vorzutragen (BGH NJW 02, 443). Der Anwalt hat den Ablauf von Rechtsmittelbegründungsfristen zwar nicht bei jeder Vorlage der Handakten (BGH NJW-RR 99, 429 [BGH 25.11.1998 - XII ZB 204/96]; MDR 12, 1057), aber immer dann eigenverantwortlich zu prüfen, wenn ihm die Akten im Zusammenhang mit der fristgebundenen Prozesshandlung, insb zu deren Bearbeitung vorgelegt werden (BGH MDR 23, 1205 Rz. 9 ff.; NJW 07, 1597, 1598, stRspr). Ohne Belang ist, ob die Handakten des Anwalts in herkömmlicher Form als Papierakten oder als elektronische Akten geführt werden (BGH NJW-RR 23, 698 [BGH 01.03.2023 - XII ZB 483/21] Rz 11). Diese Verpflichtung entsteht bereits mit der Vorlage der Akten an ihn, nicht erst bei deren Bearbeitung; die Beachtung des Fristablaufs ist in diesem Fall eigenständige und nicht delegierbare Aufgabe des Anwalts (BGH NJW 97, 1311). Werden die Akten dem Anwalt aufgrund einer Vorfrist zur Bearbeitung vorgelegt, muss er eigenverantwortlich prüfen, ob das Fristende richtig ermittelt und eingetragen ist. Das muss nicht notwendig am Tag der Vorfrist geschehen, weil die Vorfrist gerade den Sinn hat, dem Rechtsanwalt einen gewissen Spielraum zur Bearbeitung bis zum endgültigen Ablauf der Frist zu verschaffen. Die Prüfung kann daher auch noch am folgenden Tag vorgenommen werden; der RA kann aber nicht die Bearbeitung bis zum letzten Tag der Frist zurückstellen, ohne die Prüfung der Frist vorgenommen zu haben (BGH NJW 07, 2332). Zur notwendigen Überprüfung gehört die Kontrolle des Bürovermerks in der Handakte über die Eintragung der Frist im Fristenkalender (BGH NJW 07, 1597 [BGH 23.01.2007 - VI ZB 5/06]); die Eintragung im Fristenkalender selbst braucht der Anwalt darüber hinaus nicht selbst zu prüfen, außer es drängen sich an der Richtigkeit Zweifel auf (BGH NJW 08, 1670 [BGH 22.01.2008 - VI ZB 46/07]). Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsfristen müssen in dem Fristenkalender so notiert werden, dass sie sich von gewöhnlichen Wiedervorlagefristen deutlich abheben. Insoweit kommen besondere Spalten für Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsfristen sowie eine farbliche Kennzeichnung bestimmter Sachen in Betracht (BGH MDR 19, 1397 [BGH 12.09.2019 - IX ZB 13/19] Rz 19; NJW-RR 05, 215 [BGH 29.07.2004 - III ZB 27/04]).