Rn 54
Im Rahmen der 1. Stufe hat der VN lediglich darzulegen und ggf zu beweisen, dass er oder eine andere Person das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt und dort nach seiner Rückkehr nicht mehr vorgefunden hat (BGH NJW-RR 02, 671; KG NJW 11, 1975, 1976; Köln NJW 14, 345, 346). Dieser Beweis kann sich im Einzelfall auch durch die Verwertung eines Strafurteils als Urkundenbeweis ergeben (Dresd VersR 22, 1292). Bei einem bloßen Diebstahlversuch ist dagegen der Beweis für das äußere Bild nicht anwendbar (LG Frankfurt NJW-RR 18, 996, 997 [OLG Bremen 14.02.2018 - 1 U 37/17] Rz 17). Zu dem Minimum an Tatsachen, die das äußere Bild eines Einbruchsdiebstahls ausmachen, gehört neben der Unauffindbarkeit der zuvor am Tatort vorhandenen, als gestohlenen gemeldeten Sachen, dass – abgesehen von Fällen des Nachschlüsseldiebstahls – Einbruchspuren vorhanden sind (BGH NJW-RR 15, 1247, 1248 Rz 13; Hamm NJW-RR 17, 872, 873 [OLG Hamm 02.12.2016 - 20 U 16/15] Rz 91; zur Relay-Attack-Methode, bei der keine Einbruchspuren vorhanden sind, vgl AG Frankfurt/M. VersR 20, 1247 m Anm Biller-Bornhardt; AG/LG München VersR 21, 307 ff; ausf Lang/Wolf VersR 21, 280 ff). Die vorgefundenen Spuren brauchen jedoch nicht ›stimmig‹ in dem Sinne zu sein, dass sie zweifelsfrei auf einen Einbruch schließen lassen. Auch atypische Umstände können im Einzelfall den Schluss auf das Vorliegen eines Einbruchdiebstahls zulassen (BGH NJW-RR 15, 1247, 1248 Rz 13; Hamm VersR 17, 1071). Diese Tatsachen müssen aber zur vollen Überzeugung des Gerichts bewiesen werden (BGH VersR 93, 571, 572). Bei einem sog Einsteigediebstahl müssen Spuren bewiesen werden, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit dafürsprechen, dass sich der Dieb auf ungewöhnliche, nach den üblichen Gegebenheiten des Bauwerks nicht vorgesehenen Weise Zugang zu seiner Beute verschafft hat (BGH NJW-RR 94, 285 Rz 12; KG VersR 18, 1063, 1064). Umstände, die gegen die Glaubwürdigkeit des VN sprechen, bleiben dabei zunächst außer Betracht; sie werden erst iRd 2. Stufe berücksichtigt (BGH NJW-RR 00, 315 [BGH 22.09.1999 - IV ZR 172/98]). Stehen dem VN keine Beweismittel zum Nachweis der Mindesttatsachen zur Verfügung, kann das Gericht dem Vorbringen und den Angaben des VN bei seiner Anhörung gem § 141 nach stRspr auch dann Glauben schenken, wenn er die Richtigkeit seiner Angaben ansonsten nicht beweisen kann (BGH VersR 02, 431, 432; Celle NJW-RR 19, 152, 153). Dies gilt selbst dann, wenn der VN tw widersprüchliche Angaben zum Tagesablauf vor dem behaupteten Abstellen des Fahrzeugs gemacht hat (Saarbr NJW 11, 1975, 1977 ff). Begründet wird dies mit dem Erfahrungssatz, dass nicht der unredliche, sondern der redliche VN der Regelfall ist (BGHZ 132, 79, 82 = NJW 96, 1348). Letztlich kommt es in diesen Fällen zu einer Beweismaßreduzierung auf Null. Die – schlüssigen – Behauptungen des VN werden also als wahr angesehen, solange nicht unstreitige oder vom Versicherer bewiesene Indizien gegen seine Glaubwürdigkeit sprechen (vgl etwa Saarbr VersR 19, 618 – gravierende Falschangaben in der Schadensanzeige). Dabei können auch Unredlichkeiten Bedeutung erlangen, die in keinem Zusammenhang mit dem Versicherungsfall selbst stehen (Dresd 28.2.22 – 4 U 2654/21, juris Rz 10 – rechtskräftige Verurteilung des Kl wegen Betrugs in 21 Fällen). Stehen dem VN dagegen Zeugen zur Verfügung, müssen diese auch vernommen werden (BGH NJW 11, 1364 mwN; Dresd VersR 22, 756, 757).
Rn 55
Gelingt es dem VN nicht, die Mindesttatsachen für das Vorliegen des äußeren Bildes eines Kfz-Diebstahls zu beweisen, ist seine Klage ohne weiteres abzuweisen (Hamm NJW-RR 05, 333 [OLG Hamm 22.10.2004 - 20 U 103/04]; Dresd NJW 19, 150, 151 [BGH 18.10.2018 - III ZR 236/17]). Ansonsten muss der Versicherer iRd 2. Stufe Tatsachen zur vollen Überzeugung des Gerichts beweisen, aus denen sich die erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des Diebstahls ergeben (BGH NJW-RR 97, 152; Dresd VersR 22, 1089, 1090). Welche Tatsachen insoweit geeignet sind, ist eine Frage des Einzelfalles, wobei nicht selten eine Gesamtschau von mehreren Indizien zum Ergebnis führen können, dass dem VN nicht geglaubt werden kann (vgl im Einzelnen Baumgärtel/Laumen Bd 1 Kap 23 Rz 14 ff). Zu denken ist etwa an Ungereimtheiten und Widersprüchen bei der Schadensabwicklung (BGH VersR 93, 571, 572) oder beim Sachvortrag (Ddorf VersR 22, 1221 ff), das Verschweigen einer nachträglich eingebauten Zündungssperre, ohne deren Überwindung das Fahrzeug nicht gestartet werden konnte (Hamm MDR 09, 1103 f), unvereinbare Angaben ggü der Polizei einerseits und dem Versicherer andererseits (BGH VersR 02, 431, 432), unrichtige Angaben zu den Eigentumsverhältnissen am angeblich entwendeten Fahrzeug oder zu dessen Finanzierung (Frankf VersR 97, 1351), widersprüchliche Angaben zum Erwerb des Fahrzeugs (Saarbr VersR 20, 28, 29); zur Laufleistung des Fahrzeugs und zu eventuellen Vorschäden (Hamm RuS 98, 364), zum Unfallhergang (Hamm NJW 17, 3391, 3393 Rz 36 ff m Anm Marlow), z...