Rn 12

Mit Erlass des Beschlusses gilt das Urt als von Anfang an als in der geänderten Fassung maßgeblich, und zwar für grds alle Urteilswirkungen wie Zulässigkeit des Rechtsmittels, Rechtskraft und Vollstreckung (BGH NJW 85, 742 [BGH 12.01.1984 - III ZR 95/82]); zur unzulässigen Berichtigung der Entscheidung des FamG in eine des ordentlichen Gerichts wegen der damit verbundenen Folgen für den Instanzenzug s.o. Rn 6; (BGH NJW 93, 1399, 1400). Daher berührt die Berichtigung auch das Rechtsmittel und die Rechtsmittelfrist im Allgemeinen nicht (BGHZ 89, 184, 186; BGH 9.11.16, XII ZB 275/15 Rz 6; 15.9.22 – V ZB 85/20 Rz 5; Brandbg FamRZ 19, 1234; Zö/Feskorn Rz 21), ein unzulässiges Rechtsmittel oder eine Zwangsvollstreckung (Kobl WRP 80, 576, 577) kann zulässig werden und umgekehrt. Überhaupt kann die Berufung offenstehen, wenn der Erfolg des Berichtigungsverfahrens nicht gesichert ist (Saarbr NJW-RR 10, 1221). § 717 II gilt nicht, da keine Aufhebung des Urteils idS erfolgt; die Vollstreckung aus dem alten Urt muss aber auf Erinnerung nach § 766 für unzulässig erklärt werden. An dem Lauf der Rechtsmittelfrist ändert sich auch dann nichts, wenn das berichtigte Urt erneut zugestellt wird (BGH NJW-RR 93, 1213f [BGH 05.05.1993 - XII ZR 44/92]).

Im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes ist die Maßgeblichkeit der Zustellung der ursprünglichen Urteilsfassung allerdings auf Situationen zu begrenzen, in denen die Unrichtigkeit für die betroffene Partei offenkundig ist und sie ihre Beschwer klar vor Augen hat (Kobl JurBüro 08, 258; im Ansatz streng aber BGH NJW 99, 646, 647). Daher beginnt eine neue Rechtsmittelfrist, wenn das Urt in der zugestellten Ursprungsfassung keine hinreichend klare Grundlage für die Entscheidung über das weitere prozessuale Vorgehen der Parteien bietet (BGHZ 89, 184, 186 ff; BGH NJW 99, 646, 647; NJW-RR 09, 1443 Rz 8 mwN), zB bei Fehlen der Zulassung des Rechtsmittels im Tenor (BGH NJW 04, 2389) oder fehlende Kenntlichmachung der Beschwer im Tenor, insoweit auch bei offenbarer Unrichtigkeit (BGH NJW 99, 646, 647), Parteiverwechselung in der Rechtsmittelzulassung (BGHZ 17, 149, 152; 89, 184, 187) oder im Urt, sodass die Beschwer unklar bleibt (BGH VersR 89, 548, 549). Bei Auswechselung der Partei oder bei einer Berichtigung durch Erweiterung der beschwerten Parteien (Celle MDR 99, 499 [OLG Celle 02.12.1998 - 9 U 90/98]) beginnt also eine neue Rechtsmittelfrist für die ›berichtigte Partei‹ mit Zustellung des berichtigen Urteils, die Frist des § 517 S 2 läuft ab Erlass des Berichtigungsbeschlusses (Ddorf MDR 90, 930; ThoPu/Reichold Rz 7). Gleiches gilt bei der Umwandlung von einer Klagestattgabe in eine (tw) Klageabweisung (BGH NJW 95, 1033 [BGH 09.11.1994 - XII ZR 184/93]). Ebenso ist zu entscheiden, wenn der Berichtigungsbeschluss, sei es auch während der noch laufenden ursprünglichen Rechtsmittelfrist, zu Lasten des Beklagten aufgehoben wird; vorsorgliche Berufungseinlegung für den Fall der Aufhebung des Berichtigungsbeschlusses ist also nicht erforderlich (BGH NJW 86, 935, 936; 98, 3280). Da der Beklagte zu einem höheren als dem zunächst berichtigten Betrag verurteilt worden war, ergibt sich hinsichtlich des höheren Betrags neue Beschwer (BGH NJW 83, 935, 936 [BGH 24.11.1982 - IVb ZR 310/81]).

Eine Ausnahme von dem Grundsatz der ex-tunc Wirkung der Berichtigung ist aber nach Auffassung der Rspr nicht zu machen, wenn die Partei durch eine Klageabweisung bereits beschwert ist und die Berichtigung lediglich das Ausmaß der Klageabweisung erweitert (BGHZ 89, 184, 188; umgekehrt: Verurteilung wird durch Berichtigung höher, BGH VersR 92, 636; krit mit beachtlichen Gründen Zö/Vollkommer, 31. Aufl, Rz 25a, da das Ausmaß des Unterliegens für die Entscheidung über die Rechtsmitteleinlegung oft entscheidend sei).

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