Rn 18
Gem § 204 I Nr 7 BGB ist die Rechtsfolge der Hemmung der Verjährung von der Zustellung des Antrags auf Einleitung des selbstständigen Beweisverfahrens abhängig. Bei dem selbstständigen Beweisverfahren handelt es sich um einen abgekoppelten, eigenständigen u vorweggenommenen Teil eines etwa nachfolgenden Hauptsacheprozesses, nach dessen Beendigung angeordnet werden kann, dass Klage zur Hauptsache erhoben wird; insb unter diesem Gesichtspunkt kommt dem Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens größere Bedeutung zu als einem Beweisantrag; deshalb ist der Antrag in entsprechender Anwendung des § 270 1 dem Ag zwingend zuzustellen (BGHZ 188, 128; BGH MietRB 11, 281), wird der Antrag nicht zugestellt, tritt Hemmungswirkung ab dem formlosen Erhalt des Antrags ein. Gleiches gilt für den Prozesskostenhilfeantrag des ASt. Anwaltliche Sorgfalt gebietet mithin den ausdrücklichen Antrag auf Bewirkung der Zustellung verbunden mit dem auf § 169 II gestützten Antrag auf Erteilung der gerichtlichen Bescheinigung der Zustellung (Schlösser/Köbler NZBau 12, 669). Wird nicht der Antrag, aber der Beschl zugestellt, tritt Hemmung der Verjährung jedenfalls ab diesem Zeitpunkt ein (Frankf NJW-RR 10, 535 [OLG Schleswig 12.08.2009 - 2 W 98/09]). Voraussetzung für die Beeinflussung der Verjährung durch ein eingeleitetes selbstständiges Beweisverfahren ist, dass der ASt anspruchsberechtigt ist oder zumindest im Verlaufe des Verfahrens wird (BGH NJW 93, 1916). Die Hemmungswirkung setzt ferner voraus, dass Gegenstand des selbstständigen Beweisverfahrens die Feststellung solcher Tatsachen ist, die für das Bestehen des behaupteten Anspruchs von Bedeutung sind (BGH BauR 12, 1393). Die Verjährungshemmung betrifft nur Ansprüche, die sich aus dem zum Gegenstand des selbstständigen Beweisverfahrens gemachten Mängeln bzw Mängelerscheinungen ergeben (LG Mönchengladbach 17.6.15 – 4 S 141/14); ein bloß wirtschaftlicher Zusammenhang genügt nicht. Das selbstständige Beweisverfahren hat indes keinen Einfluss auf den Lauf der Frist des § 314 III BGB (Kündigung des Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grund binnen angemessener Frist), denn insoweit handelt es sich nicht um eine Verjährungsfrist (LG Duisburg 14.7.09 – 13 S 55/09).
Rn 19
Ein Antrag auf Beweissicherung hemmt die Verjährung nicht allgemein für sämtliche Gewährleistungsansprüche aus dem betreffenden Vertrag; die Hemmung tritt lediglich für Verjährung v Gewährleistungsansprüchen betr diejenigen Mängel ein, auf die sich die Beweissicherung konkret bezieht (Brandbg 2.4./16.6.20 – 12 U 77/19. Betr den sachlichen Umfang der Hemmung der Verjährung, mithin die Antwort auf die Frage, welche Ansprüche streitgegenständlich von ihr betroffen sind, gilt die Symptomtheorie: Nach dieser kommt es für die Frage, welcher Mangel v der verjährungshemmenden Wirkung der Antragstellung eines selbstständigen Beweisverfahrens umfasst ist, auf die Beschreibung der Mangelerscheinungen (= Mangelsymptome) an u nicht auf die angenommene Mangelursache; macht also der ASt in seiner Antragsschrift eine bestimmte Mangelerscheinung, also ein Mangelsymptom bzw einen Mangelschaden, geltend, sind v der durch diese Antragstellung ausgelösten Hemmungswirkung sämtliche tatsächlichen Ursachen für die so vorgebrachten Mangelerscheinungen oder Mangelschäden umfasst, u zwar gleichgültig, ob sich in dem selbstständige Beweisverfahren oder nachträglich herausstellt, dass die von dem ASt in der Antragsschrift vorgebrachten Ursachen u Gründe für die Mängelerscheinungen nicht zutreffend sind (Ddorf 28.5.19 – I-21 U 42/17. Braunschw 1.4.22 – 8 U 96/20: Die Hemmungswirkung des selbstständigen Beweisverfahrens betrifft nur solche Ansprüche, für deren Nachweis die v Gläubiger zum Gegenstand des Beweisverfahrens gemachten Tatsachenbehauptungen v Bedeutung sind). Werden bestimmte Baumängel erst aufgrund des im selbstständigen Beweisverfahrens vorgelegten Sachverständigengutachtens bekannt, tritt eine verjährungshemmende Wirkung bei fehlender Identität dieser nun bekannt gewordenen Mängel mit den im selbstständigen Beweisantrag bezeichneten Mängeln nicht ein; die Haftung des den ASt vertretenden RA wg Verletzung seiner Pflichten aus dem Anwaltsvertrag kommt in Betracht, wenn dieser den von ihm vertretenen ASt bei wg dieser nun bekannt gewordenen Mängel bisher nicht eingetretener Verjährung noch durchsetzbaren Gewährleistungsansprüchen nicht auf die Erforderlichkeit der Einleitung verjährungshemmender Maßnahmen hinweist (Stuttg 21.2.17 – 12 U 159/16).
Wird wg mehrerer Mängel dasselbe selbstständige Beweisverfahren eingeleitet, ist für den Start der Verjährung ohne Bedeutung, ob in diesem selbstständigen Beweisverfahren die unterschiedlichen Mängel durch denselben oder unterschiedliche SV in der Weise abgeschichtet werden, dass sie binnen unterschiedlicher Zeit abgearbeitet werden; dieses selbstständige Beweisverfahren endet erst mit dem Ende des gesamten selbstständigen Beweisverfahrens (BGH 22.6.23 – VII ZR 881/21 = NJW ...