Rn 50
Über die Zulassung der Berufung entscheidet das erstinstanzliche Gericht; ist dieses ein LG, lässt die Kammer die Berufung zu, weil der – originäre und obligatorische – Einzelrichter bei grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache keine Entscheidungsbefugnis besitzt (§§ 348 III 1 Nr 2, 348a I Nr 2, II 1 Nr 1). Die Zulassung ist in dem Endurteil auszusprechen. Fehlt es daran, weil das erstinstanzliche Gericht den Streitwert auf über 600 EUR festgesetzt hat, und bleibt der Wert des Beschwerdegegenstandes nach Ansicht des Berufungsgerichts darunter, muss dieses entscheiden, ob die Voraussetzungen für die Zulassung gegeben sind (BGH GE 14, 798 f). Dasselbe gilt in dem Fall, dass das erstinstanzliche Gericht die auch nach seiner Ansicht notwendige Prüfung der Zulassung versäumt hat (BGH WuM 15, 320 [BGH 29.01.2015 - V ZB 179/14]). Solche nachgeholten Zulassungsentscheidungen des Berufungsgerichts müssen nicht begründet werden (BGH NJW-RR 16, 509, 510 [BGH 21.01.2016 - V ZB 66/15]). Das Berufungsgericht darf aus dem Ausspruch einer vorläufigen Vollstreckbarkeit mit fehlerhafter Anordnung einer Sicherheitsleistung nach § 709 1 keinen Rückschluss darauf ziehen, dass das erstinstanzliche Gericht von der Rechtsmittelfähigkeit seiner Entscheidung ausgegangen ist (BGH NJW-RR 12, 633, 634 [BGH 07.03.2012 - IV ZR 277/10]). Eine Überprüfung der Entscheidung des Berufungsgerichts durch das Rechtsbeschwerdegericht findet nicht statt (BGH NJW-RR 12, 126, 127 [BGH 26.10.2011 - XII ZB 561/10]). Durfte die Zulassung dagegen verfahrensrechtlich überhaupt nicht ausgesprochen werden, ist sie unwirksam (BGH NJW 23, 1718, 1719). Hat das Berufungsgericht die Entscheidung verfahrensfehlerhaft nicht getroffen, kann das Rechtsbeschwerdegericht prüfen, ob eine Zulassung geboten gewesen wäre (BGH NJW-RR 11, 998, 999 [BGH 23.03.2011 - XII ZB 436/10]). Über die Nichtzulassung braucht sich das Urt nicht zu verhalten; sie ergibt sich aus der fehlenden Zulassung. War die Zulassung beschlossen, wurde der Ausspruch darüber aber versehentlich nicht in das Urt aufgenommen, kann dieser im Wege eines Berichtigungsbeschlusses (§ 319) nachgeholt werden, wenn das Versehen nach außen hervorgetreten und selbst für Dritte deutlich geworden ist (BGH NJW 04, 2389). Die nachträgliche Zulassung der Berufung entsprechend § 321a ist möglich, wenn in dem erstinstanzlichen Urt durch willkürliche Nichtzulassung Verfahrensgrundrechte einer beschwerten Partei verletzt worden sind (vgl BGH NJW 04, 2529 [BGH 19.05.2004 - IXa ZB 182/03] für die Rechtsbeschwerde). Eine nachträgliche Zulassung der Berufung kann auf eine Anhörungsrüge erfolgen, wenn bei der vorangegangenen Entscheidung, die Berufung nicht zuzulassen, ein Gehörsverstoß vorgelegen hat (BGH NJW 23, 1718, 1719 [BGH 07.02.2023 - VI ZR 137/22]). Eine Nachholung der Zulassung durch Ergänzungsurteil (§ 321) ist nicht möglich (vgl BGH NJW 04, 779 [BGH 24.11.2003 - II ZB 37/02] für die Revision und Rechtsbeschwerde).
Rn 51
Die Entscheidung über die Zulassung ist unanfechtbar. Das gilt sowohl für die Zulassung als auch für die Nichtzulassung.