Rn 20

Eine streitige Hauptsacheentscheidung ist dem Einzelrichter im Einverständnis der Parteien möglich. Das Einverständnis kann auf abtrennbare Teile des Streitgegenstands beschränkt werden und so zu einem Teilurteil des Einzelrichters führen (Karlsr OLGZ 73, 374). Es ist schriftlich oder zu Protokoll zu erklären. Eine konkludente Erklärung kann nur ausnahmsweise angenommen werden, bloßes Schweigen auf die Anfrage des Einzelrichters oder rügelose Hinnahme genügen jedenfalls nicht (Wieczorek/Schütze/Gerken Rz 31), wohl aber die vorbehaltlose Stellung der Sachanträge nach Erörterung der Sach- und Rechtslage im Termin vor dem Einzelrichter (BVerfGE 98, 145, 153 [BVerfG 05.06.1998 - 2 BvL 2/97]; BGH 19.4.05 – XI ZR 218/04). Das Einverständnis kann nachträglich entsprechend § 128 II 1 nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerrufen werden (BGH MDR 21, 189 [BGH 23.09.2020 - XII ZR 86/18]; NJW 89, 229 [BGH 19.10.1988 - IVb ZR 10/88]; zu freien Widerruflichkeit vor der Erklärung der anderen Partei BGH NJW 01, 2479, 2480 [BGH 22.05.2001 - X ZR 21/00]). Streitgenossen, die am Berufungsverfahren teilnehmen, müssen ihr Einverständnis gemeinsam erklären (Wieczorek/Schütze/Gerken Rz 30).

Das Einverständnis der Parteien mit einer Entscheidung durch den Einzelrichter (§ 527 IV) bewirkt allein, dass anstelle des Kollegiums ein Einzelrichter gesetzlicher Richter sein kann. Es hat aber nicht zur Folge, dass der Einzelrichter, mit dessen Entscheidung die Parteien sich einverstanden erklären, allein deswegen als gesetzlicher Richter anzusehen ist, weil das Recht auf den gesetzlichen Richter unverzichtbar ist (BGH NJW-RR 09, 1220 [BGH 25.03.2009 - XII ZR 75/06]).

 

Rn 21

Anders als in den Fällen des Abs 3 ›kann‹ der Einzelrichter hier entscheiden, auch bei übereinstimmendem Einverständnis ›muss‹ er es nicht, sondern kann den Rechtsstreit zur Entscheidung an das Kollegium zurückgeben (BGH NJW 89, 229 [BGH 19.10.1988 - IVb ZR 10/88]; Musielak/Voit/Ball Rz 9). Einen Anspruch auf Entscheidung durch den Einzelrichter haben die Parteien selbst dann nicht, wenn die Rückgabe an das Kollegium zu einer Verlängerung des Verfahrens führt (MüKoZPO/Rimmelspacher Rz 16).

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