Rn 15
Die Rechtsbeschwerde ist außerdem dann statthaft, wenn das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das OLG im ersten Rechtszug sie in dem Beschl zugelassen hat. Eine Zulassung durch das Amtsgericht ist nicht vorgesehen. Über die Zulassung muss im anzufechtenden Beschl entschieden werden, und zwar grds in dessen Tenor. Ausnahmsweise kann sich die Zulassung aus den Gründen der Beschwerdeentscheidung ergeben, etwa dann, wenn ausgeführt wird, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung (BGH WM 14, 711 Rz 7; NJW 19, 3570 Rz 20; WM 22, 520 Rz 8). Schweigen Tenor und Gründe, ist eine Zulassung nicht erfolgt (BGH ZInsO 20, 2292 Rz 1; WM 21, 701 Rz 11). In der Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung kann regelmäßig keine Zulassung gesehen werden (BGH WM 14, 711 Rz 8; MDR 14, 739 Rz 19 ff; NJW-RR 14, 897 Rz 6). Es kommt auf die Entscheidung des Gerichts an, nicht auf eine abweichende Ausfertigung (BGH WM 16, 2180 Rz 7; NJW-RR 22, 709 Rz 10, 12). Die Entscheidung, die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen, ist nicht angreifbar (BGH WuM 08, 113; MDR 12, 1002 [BGH 10.05.2012 - IX ZB 295/11] Rz 16; 19.11.20, IX ZB 55/20 Rz 2). Insbesondere ist – anders als im Revisionsrecht (§ 544) – eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht vorgesehen. Nach Ansicht der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs ist es bei den idR weniger bedeutsamen Nebenentscheidungen nicht erforderlich, dass mehrere Gerichte die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde prüfen. Dies dient auch der Entlastung des Bundesgerichtshofs (BTDrs 14/4722, 116). Auch von Verfassungs wegen ist eine zusätzliche Überprüfung gerichtlicher Entscheidungen im Wege der Rechtsbeschwerde nicht geboten (BGH WuM 07, 41; WuM 08, 113; BGHZ 220, 90 Rz 20 = WM 18, 2144). Liegt ein Zulassungsgrund vor, verstößt die unterbliebene Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Grundrecht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes aus Art 2 I iVm Art 20 III GG (BVerfG WM 20, 1975 Rz 13). Dies gilt auch dann, wenn eine Zulassung objektiv naheliegt und eine Begründung der Entscheidung, die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen, fehlt (BVerfG WuM 23, 364 [BVerfG 13.04.2023 - 1 BvR 667/22] Rz 16; BGH MDR 23, 1261 [BGH 01.06.2023 - I ZB 65/22] Rz 18).
Rn 16
Die nachträgliche Zulassung der Rechtsbeschwerde ist unter den Voraussetzungen des § 319 zulässig, dann also, wenn das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde im Zeitpunkt seiner Entscheidung zulassen wollte und sein Versehen für Dritte ohne weiteres erkennbar (›offenbar‹) ist (BGH NJW 13, 2124 [BGH 29.04.2013 - VII ZB 54/11] Rz 10). Die Unrichtigkeit muss sich aus dem Zusammenhang des Beschlusses selbst oder mindestens aus den Vorgängen bei seinem Erlass oder seiner Verkündung ergeben, weil nur dann eine offenbare Unrichtigkeit vorliegt (BGH NZI 14, 334 [BGH 06.02.2014 - IX ZB 109/12] Rz 9; NJW 14, 2879 Rz 8). Die nachträgliche Zulassung auf eine Anhörungsrüge analog § 321a hin ist möglich, wenn das Beschwerdegericht einen gerade auf die Zulassung bezogenen Gehörsverstoß feststellt (BGHZ 220, 90 Rz 15 = WM 18, 2144; WM 20, 1436 Rz 14; WM 21, 701 Rz 12; MDR 23, 1268 Rz 16). Die Anhörungsrüge räumt dem Gericht keine umfassende Abhilfebefugnis ein, sondern dient allein der Behebung von Verstößen gegen die grundgesetzliche Garantie des rechtlichen Gehörs (BGH NJW-RR 12, 306 [BGH 01.12.2011 - IX ZR 70/10] Rz 7 zu § 543 II 2; NJW 14, 2879; NJW-RR 14, 1470 Rz 7; NJW-RR 16, 955 Rz 2; NJW 16, 3035 Rz 13; WM 20, 1436 Rz 12). Die Rechtsbeschwerde kann auch dann nachträglich zugelassen werden, wenn das Verfahren auf eine Anhörungsrüge hin fortgesetzt wird und sich aus dem nunmehr gewährten rechtlichen Gehör ein Grund für die Zulassung ergibt (BGH AnwBl 15, 184 Rz 8; WuM 17, 234 Rz 5; BGHZ 225, 252 = WM 20, 1427 Rz 12 ff). Das Rechtsbeschwerdegericht prüft vAw, ob die Anhörungsrüge statthaft, zulässig und begründet war (BGHZ 220, 90 Rz 9 = WM 18, 2144; BGH WM 21, 701 Rz 12; 22, 2147 Rz 17). Die unterbliebene Zulassung als solche verletzt nicht den Anspruch auf rechtliches Gehör. Aus welchen Gründen die Zulassung unterblieben ist, ist unerheblich. Es kommt also nicht darauf an, ob das Beschwerdegericht die grundsätzliche Bedeutung der Sache oder die Abweichung von einer Entscheidung des BGH nicht erkannt hat oder rechtsirrig davon ausgegangen ist, die Rechtsbeschwerde sei kraft Gesetzes statthaft (BGH MDR 12, 1002 Rz 15; NJW 14, 2879 [BGH 09.07.2014 - XII ZB 7/14]). Darum kommt eine Ergänzungsentscheidung entsprechend § 321 nicht in Betracht (BGH NJW-RR 20, 1389, Rz 10 f; WM 21, 701 Rz 10). Eine Gegenvorstellung mit dem Ziel der nachträglichen Zulassung der Rechtsbeschwerde ist ebenfalls unzulässig. Das Beschwerdegericht ist an seine die Rechtsbeschwerde nicht zulassende Entscheidung gebunden (§ 318; vgl BGHZ 220, 90 Rz 12 = WM 18, 2144; BGH NJW-RR 20, 1389, Rz 10; WM 21, 701 Rz 10). Hat das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, ist der Rechtsweg erschöpft. Der BGH kann mit der Sache nicht mehr in statthafter Weise befasst werden ...