Rn 42
Übersteigen die eigenen Einkünfte des Angehörigen seinen Unterhaltsbedarf, ist die Person vorbehaltlich weiterer in die Ermessensentscheidung einzubeziehender Umstände bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens nicht zu berücksichtigen.
Rn 43
Decken die eigenen Einkünfte nur tw den Bedarf der unterhaltsberechtigten Person, muss diese bei der Bestimmung des unpfändbaren Arbeitseinkommens des Schuldners vorbehaltlich der Einzelfallabwägung partiell unberücksichtigt bleiben (LG Chemnitz JurBüro 10, 550, 551; vgl Rn 38). Ein Ehepartner mit einem Einkommen von mtl EUR 400,– ist bei der Berechnung des unpfändbaren Einkommens zu 75 % unberücksichtigt gelassen worden (LG Verden JurBüro 13, 491) und bei einem Einkommen von mtl EUR 350,– zu 63 % (AG Delmenhorst JurBüro 17, 552), bei einem Einkommen von EUR 210,– zu 50 % (AG Velbert JurBüro 19, 101). Eine relative Festsetzung, wonach dem Schuldner bspw 50 % des Differenzbetrags zwischen den Stufen 0 und 1 verbleiben, wird dabei der Systematik der Pfändungsfreibeträge nicht gerecht (anders BGH NJW-RR 06, 568 Rz 13; LG Kiel JurBüro 08, 161; LG Wuppertal JurBüro 08, 270; s.a. Zamaitat InsbürO 17, 317). Bei einer solchen Anordnung würde bei einem nach Stufe 0 der Tabelle pfändbaren Einkommen in jedem Fall ein Einkommensteil gepfändet, obwohl der Schuldner zumindest tw zum Unterhalt einer anderen Person beiträgt (Grote InsbürO 09, 71, 72) und dies zu einem höheren Freibetrag führt. Vielmehr ist ein konkreter Betrag anzugeben, der aus der Differenz zwischen dem Unterhaltsbedarf und dem Einkommen des Angehörigen gebildet wird. Am einfachsten ist es, diese Summe sodann dem unpfändbaren Einkommen nach der maßgebenden Stufe zuzurechnen. Das Gericht kann aber auch umgekehrt den Betrag nennen, um den sich das pfändbare Einkommen erhöht (Wieczorek/Schütze/Lüke § 850c Rz 31).
Rn 44
Eine Untergrenze für das zu berücksichtigende Einkommen, unterhalb der Angehörige mit geringem Verdienst im vollen Umfang berücksichtigungsfähig bleiben sollen, ist gesetzlich nicht ausdrücklich bestimmt. Dennoch ist sie mit guten Gründen anzunehmen (iE auch LG Frankfurt Rpfleger 88, 73, 74; Musielak/Voit/Flockenhaus § 850c Rz 12; Zö/Herget § 850c Rz 15). Es widerspricht dem Pauschalierungsgedanken aus § 850c, selbst kleinste Einkommen zu berücksichtigen und die Gerichte mit geringfügigen Änderungen zu belasten. Zudem müssten sonst die Angehörigen den eigenen Bedarf zwecks Tilgung der Verbindlichkeiten des Schuldners unangemessen einschränken.
Rn 45
Als Schwellenwert wird auf den einfachen Regelsatz nach den sozialrechtlichen Vorschriften zur Existenzsicherung abgestellt (LG Frankfurt Rpfleger 88, 73; Saenger/Kemper § 850c Rz 15). Vorzugswürdig ist demgegenüber eine differenzierende vollstreckungsrechtliche Beurteilung, die im Ansatz auf die Höhe der Freibeträge nach Abs 1 S 2 abstellt. Sie berücksichtigt gleichermaßen die Lasten für den Schuldner wie den gesetzlich legitimierten Nutzen für den Unterhaltsberechtigten. Unterhält der Schuldner eine andere Person, ist von einem Grenzwert von EUR 426,71 monatlich, bei anderen Unterhaltsleistungen von EUR 237,73 monatlich auszugehen. Zusätzlich sind stets auch die Besonderheiten des Einzelfalls zu beachten. Der BGH ist bei einer Unterhaltsleistung von EUR 222,– monatlich für ein elfjähriges Kind davon ausgegangen, dass die Unterhaltsverpflichtung nicht wesentlich gemindert wird (BGH NJW-RR 05, 795, 797; aA AG Wuppertal, JurBüro 17, 160 bei EUR 224,– Einkommen Berücksichtigung nur zu 40 %), was der hier vertretenen Lösung entspricht, soweit keine weiteren Unterhaltsverpflichtungen des Schuldners bestehen. Entspr wird bei der Berücksichtigung von Naturalunterhaltsleistungen zu gelten haben (Rn 38).