Rn 53
Der privilegierten Pfändung des Gläubigers nach Abs 2 unterliegt das Arbeitseinkommen des Schuldners. Ein Zugriff auf die nach § 850a unpfändbaren Teile des Arbeitseinkommens, wie ihn § 850d I 1, 2 tw eröffnet, bleibt dem Gläubiger verwehrt. Während § 850d I 1 dem privilegierten Gläubiger ermöglicht, auf diese unpfändbaren Einkünfte zuzugreifen, enthält § 850f II keine entspr Öffnungsklausel. Auch § 850f II eröffnet einen Korridor, innerhalb dessen der qualifizierte Gläubiger erweitert vollstrecken kann. Nach oben wird der Vorrechtsbereich durch die gem § 850c für alle Gläubiger pfändbaren Teile des Einkommens beschränkt. Nach unten begrenzt der notwendige Unterhalt des Schuldners und der ihm ggü gesetzlich Unterhaltsberechtigten das Vollstreckungsvorrecht. Andere Einnahmen und geldwerte Vorteile, die dem Schuldner tatsächlich zur Verfügung stehen und deren Berücksichtigung nicht durch einen besonderen Zweck ausgeschlossen ist, mindern den Freibetrag, der dem Schuldner aus dem gepfändeten Arbeitseinkommen zu belassen ist. Im Einzelfall kann dadurch der Pfändungsfreibetrag nach § 850f II entfallen (BGHZ 195, 224 Rz 15). Bei der Bedarfsdeckung sind auch die Einkünfte eines nicht getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen. Nach der Rspr des BGH kann der pfändungsfreie Betrag auf Null gesetzt werden, wenn der notwendige Bedarf des Schuldners durch Einkünfte seines Ehegatten tatsächlich gedeckt ist (BGHZ 195, 224 Rz 19). Bei einer Konkurrenz mit einer Privilegierung aus § 850f II ist § 850d vorrangig, selbst wenn aus § 850f II prioritär in den Vorrechtsbereich vollstreckt wurde, weil dem Schuldner ein zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten notwendiger Einkommensteil bleiben muss, § 850d I 2 (Stöber/Rellermeyer C.466). Ggf hat ein Änderungsantrag nach § 850g zu erfolgen.
Rn 54
Der notwendige Unterhalt ist grds nach den zu Abs 1 entwickelten Maßstäben zu bestimmen (Rn 10 ff). Im Unterschied zu Abs 1 sind allerdings nicht sämtliche Unterhaltsberechtigten, sondern nur die aufgrund gesetzlicher Regeln Berechtigten zu berücksichtigen. Nach der Rspr des BGH entspricht allerdings der Begriff des notwendigen Unterhalts aus § 850f II dem des notwendigen Unterhalts in § 850d I 2 (BGHZ 195, 224 Rz 11; BGH WM 11, 76 Rz 8). Wie zu § 850d I 2 vertritt der BGH die Ansicht, dass der Begriff grds dem notwendigen Lebensunterhalt iSd 3. und 11. Kapitels des SGB XII entspricht. Offengelassen hat er, ob im Einzelfall auf die Vorschriften des SGB II zurückgegriffen werden kann (BGH WM 11, 76 Rz 9; so LG Frankfurt Rpfleger 11, 544). Bestandteil des notwendigen Unterhalts idS ist ein Betrag in Höhe des Regelbedarfs nach SGB XII bzw SGB II von EUR 563,–. Soweit auf den Regelbedarf abzustellen ist, besteht allerdings kein Unterschied zur hier vertretenen Ansicht, da der nach den §§ 28, 40 SGB XII festgesetzte Regelbedarf dem des § 20 II 1, IV SGB II entspricht. Diese Regelleistung ist Element des untersten Netzes der sozialen Sicherung, in welches im Wege der Zwangsvollstreckung nicht eingegriffen werden kann. Der Empfänger ist frei, den als Teil des Existenzminimums festgestellten Betrag zur Deckung seiner Bedarfe eigenverantwortlich zu verwenden (BGH WM 11, 76 Rz 13, 19). Auch der darin enthaltene Ansparanteil darf nicht dem Pfändungszugriff ausgesetzt sein (BGH WM 11, 76 Rz 17). Ebenso wenig wie der Anspruch auf Sozialhilfe nach § 17 I 2 SGB XII ist ein sachlich entspr Anspruch auf Geldleistung nach dem SGB II pfändbar. Früher wurde dies auf eine Wertungsparallele gestützt (BGH WM 11, 76 Rz 20), doch folgt dies inzwischen aus § 42 IV SGB II. Korrespondierend mit dieser Verwendungsfreiheit sind zusätzliche Beträge für Rundfunk, Telefon, Internet sowie übliche Fahrtkosten nicht zu berücksichtigen (AG Schwelm JurBüro 20, 666). Zusätzlich ist der Bedarf für Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen, wobei EUR 1.119,– für zwei Personen übersetzt sein soll (AG Velbert JurBüro 19, 101 = VIA 19, 61 m Anm Büthe). Für eine getrennt lebende Person ist jetzt ein Betrag von 550,– EUR berücksichtigt worden (AG Ibbenbüren JurBüro 23, 160). Bei einer Person ohne festen Wohnsitz sollen die Kosten einer Unterkunft bei der Festsetzung des unpfändbaren Betrags nicht zu berücksichtigen sein (LG Dresden JurBüro 15, 159). Auch wohnsitzlosen Personen können jedoch entspr Kosten entstehen, etwa für die Übernachtung in einer Unterkunft oder eine Dusche in öffentlichen Einrichtungen. Außerdem zementiert eine solche Entscheidung die Obdachlosigkeit, obwohl sie doch gerade überwunden werden soll. Zu berücksichtigen ist auch der Besserstellungszuschlag nach § 11b I Nr 6, III SGB II von 30 % bis 50 %, der zT pauschal mit 33 % angesetzt wird (LG Frankfurt Rpfleger 11, 543, 544). Zusätzliche Bedarfe für Krankheits- oder Fahrtkosten können nur berücksichtigt werden, wenn sie konkret nachgewiesen sind (LG Wuppertal JurBüro 14, 439). Ein 25-jähriges Kind mit eigenem Nettoeinkommen von EUR 800,– ist bei der Festsetzung des unpfändbaren Betrags n...