Rn 63
Der Kontopfändungsschutz bildet nicht automatisch den Pfändungsschutz für das Arbeitseinkommen und insb die Tabellenbeträge nach § 850c ab. Ursächlich dafür ist das mehrstufige Pfändungsschutzsystem ggü einer Kontopfändung, bei dem zunächst nur ein Grundfreibetrag gewährt wird. Erhöht wird dieses unpfändbare Schonvermögen allein auf besonderen Antrag des Schuldners (Rn 68 ff, 89 ff). Als erste Stufe des Vollstreckungsschutzes wird das Kontoguthaben in Höhe des bei der Pfändung von Arbeitseinkommen bestehenden Sockelfreibetrags nach § 850c I 1 nicht von der Pfändung erfasst, § 850k I 1. Der mtl Sockelfreibetrag in Höhe von EUR 1.178,59 wird nach Einrichtung eines Pfändungsschutzkontos automatisch, also unabhängig von einem zusätzlichen Antrag geschützt (BGHZ 191, 270 Rz 7; 216, 184 Rz 19; BGH NJW-RR 18, 315 = VIA 18, 11 Rz 14; ZInsO 23, 101 Rz 24). Selbst wenn die Einzahlungen in anderen Zeitabständen erfolgen, gilt zur Vereinfachung der allerdings zT unzureichende monatliche Grundfreibetrag. Dieser Schutz besteht auch dann, wenn die Einkünfte bereits an der Quelle gepfändet werden und dort Vollstreckungsschutz etwa nach § 850c gewährt wird. Da der Pfändungsschutz an der Quelle, etwa bei Arbeitseinkommen, höher sein kann als der Basispfändungsschutz durch das Pfändungsschutzkonto, solange der Schuldner keine Aufstockungsanträge gestellt hat, können auf dem Konto zwar nicht nach § 850c I 2, II, wohl aber nach § 850k I 1 iVm § 850c I 1 pfändbare Beträge eingehen. Auf diesen Differenzbetrag kann der Gläubiger zugreifen. Zu beachten ist dabei auch der sich aus der Pfändungstabelle ergebende geringfügige Unterschied. Nach der Tabelle zu § 850c ist bis zu einem Arbeitseinkommen von EUR 1.179,99 kein pfändbarer Betrag von den Arbeitseinkommen abzuführen. Auf dem Pfändungsschutzkonto ist bereits das über den Grundfreibetrag von EUR 1.178,59 bestehende Guthaben abzuführen.
Rn 64
Mit der Verweisung auf den unpfändbaren Grundfreibetrag nach § 850c I 1 werden die Grundgedanken des Pfändungsschutzes für Arbeitseinkommen unabhängig davon auf den Kontopfändungsschutz übertragen, ob der Schuldner Arbeitnehmer ist (krit Remmert NZI 08, 70, 72). Über das Existenzminimum und über den durchschnittlichen sozialrechtlichen Bedarf hinaus verbleibt dem Schuldner ein gewisser Selbstbehalt, um die Sinnhaftigkeit der Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit auch wirtschaftlich noch erkennbar werden zu lassen (die Notwendigkeit betont jüngst die Bundesregierung BTDrs 17/2167, 28). Dies entspricht dem Begriff in § 850 II, III lit b), der weit über das Arbeitsverhältnis hinausreicht (Zypries/Kohte S 97, 100), in § 851c bei der Pfändung von Renten und in § 54 IV SGB I für die Pfändung laufender Sozialleistungen ausgesprochenen Maßstäben. Die Regelung folgt damit der Tendenz zur Vereinheitlichung des Schutzumfangs anhand des überzeugenden Maßstabs der Arbeitseinkommenspfändung. Zusätzliche Freibeträge für Unterhaltsberechtigte und bei Mehrverdienst muss der Drittschuldner nur bei entspr Darlegung des Schuldners oder auf gerichtliche Anordnung berücksichtigen.
Rn 65
Kraft der gesetzlichen Verweisung auf § 850c IIa ist die Dynamisierung der Pfändungsfreigrenzen zu beachten. Da der Pfändungsfreibetrag dem steuerlichen Freibetrag folgt, besitzt die Bekanntmachung der Pfändungsfreibeträge lediglich deklaratorische Wirkung (BGHZ 166, 48 Rz 22; § 850c Rn 24). Nach § 20 I, III EGZPO muss dann zwar das Vollstreckungsgericht einen Pfändungsbeschluss entspr berichtigen. Dies gilt aber nur, wenn das Vollstreckungsgericht den unpfändbaren Betrag nach Abs 4 festgesetzt hat. Da der Drittschuldner den Grundfreibetrag ohne gerichtliche Entscheidung über den Pfändungsfreibetrag berücksichtigen muss, bestehen hier gesteigerte Anforderungen bei der Berechnung des unpfändbaren Betrags. Es wird freilich ein Rechtsschutzinteresse für einen Feststellungsantrag analog Abs 4 S 1 bestehen.
Rn 66
Strafgefangene besitzen ebenfalls ein Recht auf ein Pfändungsschutzkonto. Auf das im Strafvollzug bezogene Arbeitsentgelt sind allerdings die §§ 850c, 850k nicht anwendbar (BGH NJW 04, 3714, 3715 f [BGH 16.07.2004 - IXa ZB 287/03]; BGH NZI 13, 940 Rz 13 ff; 15, 1026 Rz 17, 36 ff; oben § 850 Rn 24). Ausgeschlossen hat der BGH die Anwendung der §§ 850c, 850k auf das Eigengeld des Schuldners, aber auch nur dafür (BGH NZI 15, 1026 [BGH 01.07.2015 - XII ZB 240/14] Rz 36). Ob diese Judikatur auf sonstige Drittzahlungen übertragbar ist, die auf einem Pfändungsschutzkonto in Höhe des Basispfändungsschutzes unpfändbar sind, erscheint sehr zweifelhaft. Einerseits benötigt ein Strafgefangener nicht das in § 850k zugrunde gelegte Niveau der Existenzsicherung eines in Freiheit lebenden und arbeitenden Menschen. Andererseits eröffnet § 850k keinen Differenzierungsansatz nach Art des Schuldners oder der den Gutschriften zugrunde liegenden Forderung. Es spricht deswegen viel für eine über die Anwendung der §§ 850d, 850f II hinausgehende teleologische Restriktion.
Rn 67
Die Limitierungen des Ba...