Rn 9
Die besondere Bedeutung des wettbewerblichen Eilverfahrens wird durch § 12 I UWG auch dadurch anerkannt, dass der Verfügungsgrund nicht glaubhaft gemacht werden muss (widerlegliche Dringlichkeitsvermutung, BGH NJW-RR 00, 209 [BGH 01.07.1999 - I ZB 7/99] – späte Urteilsbegründung). Die Regelung gilt nach § 12 I für die im UWG bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung sowie für Unterlassungsansprüche aus dem UKlaG (§ 5 UKlaG). Für Unterlassungsansprüche aus dem Kartellrecht (Stuttg NJW-RR 90, 940 [OLG Stuttgart 09.03.1990 - 2 U (Kart) 301/89]), Gebrauchsmusterrecht (Ddorf GRUR-RR 09, 142); Patentrecht (Ddorf GRUR 94, 508 [OLG Düsseldorf 22.12.1993 - 2 W 97/93]) und Urheberrecht (Stuttg OLGReport 09, 633, 634; NZBau 10, 639, 640 [OLG Stuttgart 11.08.2010 - 4 U 106/10]) ist dagegen § 12 I UWG nicht analog anwendbar (Köhler/Bornkamm/Köhler/Feddersen § 12 Rz 2.14). Dies gilt auch für Unterlassungsansprüche aus dem MarkenG (Hambg WRP 10, 953 [OLG Hamburg 16.11.2009 - 3 W 120/09]; München WRP 07, 201 [OLG München 24.08.2006 - 6 U 4455/05]; Ddorf GRUR-RR 02, 212; Teplitzky/Feddersen Kap 54 Rz 19–20; aA Stuttg GRUR 02, 381; Köln GRUR 01, 424, 425 [OLG Köln 12.01.2001 - 6 U 98/00]) sowie für vertragliche Ansprüche (Teplitzky/Feddersen Kap 54 Rz 21). Die Dringlichkeit entfällt, wenn während des Eilverfahrens Umstände eintreten, die die Wiederholung des Wettbewerbsverstoßes unwahrscheinlich machen (KG GRUR-RR 10, 22, 24). Die Vermutung des § 12 I UWG bezieht sich nur auf den Verfügungsgrund. Den Verfügungsanspruch muss der Gläubiger unabhängig von der Vermutungswirkung des § 12 I UWG darlegen und glaubhaft machen. Allerdings kommt ihm bei einem Verfügungsanspruch, dem ein Verfügungsunterlassungsanspruch zugrunde liegt, die Vermutung der Wiederholungsgefahr zugute. Hierbei handelt es sich um eine widerlegliche tatsächliche Vermutung, die die konkrete Verletzungsform erfasst. Hierzu gehören die identische Wiederholung des Verstoßes sowie darüber hinaus alle Begehungsformen, die mit der konkreten Verletzungsform im Kern wesensgleich sind (BGHZ 126, 287, 295 = NJW 94, 2820 – Rotes Kreuz; NJW 05, 1050, 1053 – Ansprechen in der Öffentlichkeit II; WRP 06, 749 [BGH 23.02.2006 - I ZR 27/03] Rz 36 – Parfümtestkäufe). Strafbewehrte vertragliche Unterlassungserklärungen haben den Zweck, einen gerichtlichen Unterlassungstitel zu ersetzen (BGH MDR 14, 972 [BGH 08.05.2014 - I ZR 210/12] Rz 57 – fishtailparka). Daher entfällt die Wiederholungsgefahr bei Abgabe einer vertragsstrafebewehrten Unterlassungserklärung. Erforderlich ist, dass eine angemessene Strafhöhe (BGH NJW 83, 941, 942 [BGH 07.10.1982 - I ZR 120/80] – Vertragsstrafeversprechen; BGH NJW-RR 06, 1477 [BGH 18.05.2006 - I ZR 32/03] Rz 20) vereinbart oder diese in das Ermessen des Gläubigers oder eines Dritten (vgl hierzu BGH NJW 94, 45, 46 [BGH 30.09.1993 - I ZR 54/91] – Vertragsstrafebemessung) gestellt wird (Teplitzky/Kessen Kap 8 Rz 36; D. Fischer FS Piper, 1996, 205, 216, 217). Der Zugang einer vom Schuldner abgegebenen notariellen Unterlassungserklärung beseitigt nicht das Rechtsschutzbedürfnis des Gläubigers für eine gerichtliche Verfolgung des Unterlassungsanspruchs (BGH WRP 16, 1494 [BGH 21.04.2016 - I ZR 100/15] Rz 16 – Notarielle Unterlassungserklärung; Teplitzky WRP 15, 527, 528).