Gesetzestext

 

(1) Die Vaterschaft darf nicht gezielt gerade zu dem Zweck anerkannt werden, die rechtlichen Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes, des Anerkennenden oder der Mutter zu schaffen, auch nicht, um die rechtlichen Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes durch den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit des Kindes nach § 4 Absatz 1 oder Absatz 3 Satz 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes zu schaffen (missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft).

(2) 1Bestehen konkrete Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft, hat die beurkundende Behörde oder die Urkundsperson dies der nach § 85a des Aufenthaltsgesetzes zuständigen Behörde nach Anhörung des Anerkennenden und der Mutter mitzuteilen und die Beurkundung auszusetzen. 2Ein Anzeichen für das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte ist insbesondere:

1. das Bestehen einer vollziehbaren Ausreisepflicht des Anerkennenden oder der Mutter oder des Kindes,
2. wenn der Anerkennende oder die Mutter oder das Kind einen Asylantrag gestellt hat und die Staatsangehörigkeit eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes besitzt,
3. das Fehlen von persönlichen Beziehungen zwischen dem Anerkennenden und der Mutter oder dem Kind,
4. der Verdacht, dass der Anerkennende bereits mehrfach die Vaterschaft von Kindern verschiedener ausländischer Mütter anerkannt hat und jeweils die rechtlichen Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes oder der Mutter durch die Anerkennung geschaffen hat, auch wenn das Kind durch die Anerkennung die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat, oder
5. der Verdacht, dass dem Anerkennenden oder der Mutter ein Vermögensvorteil für die Anerkennung der Vaterschaft oder die Zustimmung hierzu gewährt oder versprochen worden ist.

3Die beurkundende Behörde oder die Urkundsperson hat die Aussetzung dem Anerkennenden, der Mutter und dem Standesamt mitzuteilen. 4Hat die nach § 85a des Aufenthaltsgesetzes zuständige Behörde gemäß § 85a Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes das Vorliegen einer missbräuchlichen Anerkennung der Vaterschaft festgestellt und ist diese Entscheidung unanfechtbar, so ist die Beurkundung abzulehnen.

(3) 1Solange die Beurkundung gemäß Absatz 2 Satz 1 ausgesetzt ist, kann die Anerkennung auch nicht wirksam von einer anderen beurkundenden Behörde oder Urkundsperson beurkundet werden. 2Das Gleiche gilt, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 4 vorliegen.

(4) Für die Zustimmung der Mutter nach § 1595 Absatz 1 gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.

(5) Eine Anerkennung der Vaterschaft kann nicht missbräuchlich sein, wenn der Anerkennende der leibliche Vater des anzuerkennenden Kindes ist.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Nachdem das BVerfG (FamRZ 14, 449) das Anfechtungsrecht der zuständigen Behörde in § 1600 I Nr 5 aF für verfassungswidrig erklärt hatte, wurde mit dem ›Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht‹ ein seit dem 29.7.17 geltendes gesetzliches Verbot der missbräuchlichen Anerkennung der Vaterschaft eingeführt (Abs 1). In einem zweistufigen, präventiv ausgerichteten Verfahren hat die beurkundende Behörde bzw die Urkundsperson zu prüfen, ob konkrete Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft vorliegen (Abs 2 S 1) und die zuständige Ausländerbehörde letztlich deren Voraussetzungen festzustellen (Abs 2 S 4). Bis zum Abschluss des Verfahrens darf eine Urkundsperson eine Beurkundung nicht vornehmen und muss diese auszusetzen; erfolgt eine solche gleichwohl, ist sie kraft Gesetzes unwirksam (Abs 3). Die auf die Anerkennung der Vaterschaft bezogenen Regelungen gelten nach Abs 4 für die Zustimmung der Mutter des Kindes entspr. Klarstellend wird in Abs 5 geregelt, dass das gesetzliche Verbot sich nicht auf die Anerkennung durch den leiblichen Vater bezieht. Die Rechtsfolgen der Verbotsnorm beschränken sich auf die Beurkundung und erfassen nicht den Ausschlussgrund nach § 27 Abs 1a Nr 1 AufenthG für den Fall des Familiennachzugs (BVerwG FamRZ 20, 1511).

B. Prüfungspflicht der Urkundsperson.

 

Rn 2

IRd Beurkundung einer Vaterschaftsanerkennung wird die leibliche Vaterschaft des Mannes oder seine familiäre Beziehung zur Mutter des Kindes nicht geprüft. Da auch die bewusst falsche Anerkennung wirksam ist, verfolgt der Gesetzgeber ein legitimes Ziel, wenn im Hinblick auf die ausländerrechtlichen Folgen einer Vaterschaftsanerkennung (§§ 28 Abs 1 Nr 3 AufenthG, 4 Abs 3 StAG) der gezielte Missbrauch familienrechtlicher Regelungen verhindert werden soll. Das gesetzliche Verbot bezieht sich nach Abs 1 auf die Anerkennung der Vaterschaft, die gezielt zu dem Zweck erfolgt, die rechtlichen Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes, des Anerkennenden oder der Mutter zu schaffen. Ein solcher zielgerichteter und aufenthaltsrechtlich bezogener Zweck einer Anerkennung ist nicht auf die tatsächliche Übernahme von Verantwortung für das Kind gerichtet.

 

Rn 3

Die Urkundsperson hat im ersten Abschnitt zu prüfen, o...

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