Gesetzestext

 

1Das Erlöschen der Vollmacht bestimmt sich nach dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Rechtsverhältnis. 2Die Vollmacht ist auch bei dem Fortbestehen des Rechtsverhältnisses widerruflich, sofern sich nicht aus diesem ein anderes ergibt. 3Auf die Erklärung des Widerrufs findet die Vorschrift des § 167 Abs. 1 entsprechende Anwendung.

A. Systematik des Erlöschensgründe.

 

Rn 1

§ 168 regelt das Erlöschen der Vollmacht nur sehr unvollständig. Neben dem Erlöschen der Vollmacht nach Maßgabe des Grundgeschäfts (Rn 3) und dem Widerruf der Vollmacht (Rn 12 ff) kann die Bevollmächtigung selbst als abstraktes Rechtsgeschäft Erlöschensgründe enthalten (Rn 2). Str ist, ob ein einseitiger Verzicht des Bevollmächtigten auf die Vollmacht möglich ist (Rn 16). Für die Prozessvollmacht (s § 164 Rn 25) gelten die Sondervorschriften in den §§ 86 f ZPO.

B. Erlöschen nach Maßgabe der Vollmacht.

 

Rn 2

Entgegen dem Wortlaut des § 168 richtet sich das Erlöschen der Vollmacht in erster Linie nach ihrem Inhalt. Insb kann eine Vollmacht selbst befristet (§ 163) oder unter einer auflösenden Bedingung (§ 158 II) erteilt werden. Eine Vollmacht erlischt ferner durch Zweckerreichung, wenn das Rechtsgeschäft, für das sie erteilt wurde, abgeschlossen wurde oder der Geschäftsschluss endgültig gescheitert ist (BeckOKBGB/Schäfer Rz 2).

C. Erlöschen nach Maßgabe des Grundgeschäfts (S 1).

 

Rn 3

Enthält die Vollmacht keine ausdrückliche Regelung, bestimmt sich das Erlöschen der Vollmacht gem 1 aus dem Grundverhältnis (zB Auftrag, Geschäftsbesorgungsvertrag, Dienst- oder Arbeitsvertrag). Dieses kann auch in einem Treuhandvertrag bestehen (BGH DNotZ 18, 828 [BGH 12.07.2018 - V ZR 285/17] Rz 11). Ob zwar die Vollmacht nach dem Abstraktionsgrundsatz (§ 167 Rn 4) nicht automatisch mit dem Grundverhältnis endet, wird eine Auslegung des Grundverhältnisses idR ergeben, dass die Vollmacht nur für die Dauer des Grundverhältnisses erteilt worden ist und daher mit dessen Beendigung erlischt (BGH DNotZ 18, 828 [BGH 12.07.2018 - V ZR 285/17] Rz 17; Bork Rz 1499). 1 ist auf die isolierte Vollmacht grds nicht anwendbar, da ein Grundverhältnis fehlt (Staud/Schilken Rz 16). Im Einzelfall kann sich jedoch aus dem Gesetz oder der Auslegung der Vollmacht ergeben, dass personenbezogene Erlöschensgründe auch für eine isolierte Vollmacht gelten (s Rn 4, 7).

I. Erlöschensgründe in der Person des Bevollmächtigten.

1. Tod und Verlust der Rechtspersönlichkeit.

 

Rn 4

Stirbt der Bevollmächtigte, führt das gem §§ 673, 675 im Zweifel zum Erlöschen eines Auftrages oder Geschäftsbesorgungsvertrages im Grundverhältnis sowie über 1 idR auch zum Erlöschen der Vollmacht, es sei denn mit dem Aufschub ist Gefahr verbunden (MüKo/Schubert Rz 9). Das gilt wegen des besonderen Vertrauens des Treugebers zu dem Treunehmer va für die treuhänderische Vollmacht. Anders verhält es sich jedoch bei einer ausschließlich im Interesse des Bevollmächtigten erteilten Vollmacht wie zB einer dem Grundstückskäufer erteilten Auflassungsvollmacht. Eine solche Vollmacht ist nicht an die Person des Bevollmächtigten gebunden und besteht daher zugunsten der Erben des Bevollmächtigten fort (Köln OLGZ 69, 304 ff). Str ist, ob die Vollmacht gem § 1922 vererblich ist (Neuner AT § 50 Rz 59) oder ob die Erben als für den Todesfall bevollmächtigt anzusehen sind (BeckOKBGB/Schäfer Rz 5). Die §§ 673, 675 iVm 1 gelten entspr bei einer isolierten Vollmacht (Staud/Schilken Rz 19; str). Die einer juristischen Person erteilte Vollmacht endet noch nicht mit deren Liquidation, sondern erst mit deren vollständigem Erlöschen (BeckOKBGB/Schäfer Rz 7).

2. Insolvenz.

 

Rn 5

Die Insolvenz des Bevollmächtigten berührt das Bestehen der Vollmacht nicht, es sei denn die Vollmacht beruht auf einem Gesellschaftsvertrag (§ 728 aF, ab 1.1.24 § 729 I Nr 2). Sie kann jedoch einen Grund für eine fristlose Kündigung des Grundverhältnisses liefern, die nach 1 auch zum Erlöschen der Vollmacht führt (MüKo/Schubert Rz 8).

3. Verlust der Geschäftsfähigkeit.

 

Rn 6

Verliert der Bevollmächtigte seine Geschäftsfähigkeit (§ 104 Nr 2), führt das nach zutreffender Ansicht im Hinblick auf das Risiko für den Vollmachtgeber zur Beendigung des Grundgeschäfts und damit zum Erlöschen der Vollmacht. Das gilt nach hM jedenfalls dann, wenn die Geschäftsunfähigkeit von Dauer ist (MüKo/Schubert Rz 7). Nach aA ist nur das Vertretergeschäft gem § 105 Nr 1 nichtig mit der Folge, dass die fortbestehende Vollmacht nach Wiedererlangung der Geschäftsfähigkeit wieder ausgeübt werden kann (Bork Rz 1504). Gegen diese Ansicht spricht, dass der Mangel nur das Innenverhältnis betrifft.

II. Erlöschensgründe in der Person des Vollmachtgebers.

1. Tod und Verlust der Rechtspersönlichkeit.

 

Rn 7

Der Tod des Vollmachtgebers führt gem §§ 672 1, 675 im Zweifel nicht zum Erlöschen eines Auftrages oder Geschäftsbesorgungsvertrages im Grundverhältnis und iVm 1 einer von dem Erblasser erteilten Vollmacht (BGH NJW 69, 1245, 1246 [BGH 18.04.1969 - V ZR 179/65]). Das Gleiche gilt gem § 52 III HGB für die Prokura. Klauseln zB in Bankformularen, nach denen die Vollmacht nach dem Tod des Vollmachtgebers fortgelten sollen (transmortale Vollmacht), bestimmen nur, was § 672 1 ohnehin vermutet (Bork Rz 1502). IGgs zur transmortalen Vollmacht soll der Vertreter bei der postmortalen Vollmacht erst ab dem Tode des Bevollmächtigten Vertretungsmacht haben. Wirkt die erteilte Vollmacht über den Tod ...

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