Rn 1

Der Vorerbe darf grds über den Nachlass verfügen, der der Nacherbschaft unterliegt. Gemeint sind alle Verfügungen iSd § 185, also alle Rechtsgeschäfte, durch die ein Recht übertragen, belastet, inhaltlich verändert oder aufgehoben wird. Seine Verfügungsbefugnis endet grds mit dem Nacherbfall, dauert aber unter den Voraussetzungen des § 2140 weiter fort.

 

Rn 2

Der Vorerbe muss aber die dinglichen Beschränkungen hinnehmen, die sich im Interesse des Nacherben aus den §§ 2113–2115 ergeben. Sie wirken absolut, also jedem Dritten ggü; nicht etwa handelt es sich um relative Veräußerungsverbote iSv § 135. Sie können von jedermann geltend gemacht werden (BGHZ 52, 269, 270). Befreiungen sind in großem Umfang möglich (§ 2136), aber auch rein schuldrechtlich wirkende (im Ergebnis über die §§ 2113–2115 hinausreichende) Beschränkungen (s § 2136 Rn 3).

 

Rn 3

Die Unwirksamkeit einer Verfügung, die sich aus den §§ 2113–2115 ergibt, ist zeitlich auf den Eintritt des Nacherbfalls hinausgeschoben (BGHZ 52, 269, 270). Bis dahin ist die Verfügung grds wirksam. Die Unwirksamkeit tritt alsdann automatisch ein, ohne besonderes Zutun des Nacherben, aber auch ohne Rückwirkung. Rechte, die nicht unter einer auflösenden Bedingung stehen können, können von vornherein nicht ohne Zustimmung des Nacherben wirksam begründet oder übertragen werden (BGHZ 52, 269 zum Erbbaurecht an einem Nachlassgrundstück).

 

Rn 4

Andererseits bleibt die Verfügung wirksam, wenn der Nacherbfall nicht eintritt. Sie bleibt grds auch wirksam, wenn und soweit sie den Nacherben nicht beeinträchtigt (etwa von vornherein bis zum Eintritt des Nacherbfalls begrenzt ist wie die Anordnung eines Nießbrauchs bis dahin). Sie bleibt auch wirksam, wenn der Nacherbe zugestimmt hat, wobei eine Zustimmung des Ersatznacherben nicht erforderlich ist (BGHZ 145, 316; Hamm ZEV 16, 638; aA Osterloh-Konrad AcP 215, 107, 142 für den Fall, dass der Erblasser ihm eigenständige Mitwirkungsbefugnisse und Entscheidungsgewalt schon vom Erbfall an einräumen wollte). Indessen müssen alle Nacherben zustimmen; für Unbekannte ist ein Pfleger zu bestellen (München BeckRS 19, 11659). Eine Pflicht des Nacherben zur Zustimmung ergibt sich aus § 2120, wenn die Verfügung einer ordnungsgemäßen Verwaltung iSd § 2130 entspricht, so etwa, wenn mit der Verfügung ein Vermächtnis erfüllt wird (Ddorf DNotZ 03, 637 [OLG Düsseldorf 07.03.2003 - 3 Wx 162/02]; BayObLG DNotZ 01, 808 [BayObLG 15.05.2001 - 2 Z BR 52/01]). Nach neuerer Auffassung (Keim ZEV 07, 470, 474) wird sie auch durch die Zustimmung des Nacherben-Testamentsvollstreckers (§ 2222) wirksam. Der Erblasser kann den Nacherben auch durch Vermächtnis mit der Zustimmungspflicht für bestimmte unentgeltliche Verfügungen des Vorerben beschweren; umstr ist, ob dies generell für alle Verfügungen möglich ist (Staud/Avenarius § 2113 Rz 56). Bei gestaffelter Nacherbschaft ist auch die Zustimmung der Nach-Nacherben erforderlich (Zweibrücken ZEV 11, 321).

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