Gesetzestext

 

1Ist zur ordnungsmäßigen Verwaltung, insbesondere zur Berichtigung von Nachlassverbindlichkeiten, eine Verfügung erforderlich, die der Vorerbe nicht mit Wirkung gegen den Nacherben vornehmen kann, so ist der Nacherbe dem Vorerben gegenüber verpflichtet, seine Einwilligung zu der Verfügung zu erteilen. 2Die Einwilligung ist auf Verlangen in öffentlich beglaubigter Form zu erklären. 3Die Kosten der Beglaubigung fallen dem Vorerben zur Last.

A. Inhalt.

 

Rn 1

Die Vorschrift gibt dem Vorerben einen Rechtsanspruch gegen den Nacherben auf Erteilung der Zustimmung bei Verfügungen, die der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses dienen. Er betrifft die Fälle, in denen der Vorerbe wegen der Beschränkungen aus §§ 2112 ff die Verfügung nicht ohne Zustimmung des Nacherben vornehmen kann. Der hauptsächliche Anwendungsfall ist die Veräußerung von Nachlassgegenständen zwecks Erfüllung von Nachlassverbindlichkeiten. Die Vorschrift gilt entspr für die Eingehung von Nachlassverbindlichkeiten, so dass der Nacherbe sie als solche mit den Rechtsfolgen ua aus § 2144 anerkennen muss (RGZ 90, 96).

 

Rn 2

Der Anspruch besteht auch dann, wenn die Zustimmungsbedürftigkeit der Verfügung zweifelhaft ist, der Vorerbe oder der Dritte aber ein berechtigtes Interesse an ihrer Absicherung haben. Er besteht weiterhin im Beschleunigungsinteresse, wenn das Grundbuchamt vom befreiten Vorerben bei entgeltlicher Veräußerung von Grundstücken, die an sich nicht zustimmungsbedürftig ist, einen nur schwierig zu führenden Nachweis der Entgeltlichkeit verlangt (Karlsr ZEV 94, 45 m Anm Kummer).

B. Ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses.

 

Rn 3

Diese ist aus der Sicht eines sorgfältigen Verwalters objektiv zu beurteilen (BGH WM 73, 361, 362), und zwar bezogen auf die objektiven Verhältnisse des konkreten Nachlasses unter wirtschaftlichen Kriterien unabhängig von der persönlichen Situation des konkreten Vorerben (Soergel/Harder/Wegmann § 2120 Rz 4). IdR wird das Interesse des Nacherben an der Erhaltung und Erlangung der Substanz des Nachlasses im Vordergrund stehen (BGH NJW 93, 1583 [BGH 16.03.1993 - XI ZR 103/92]), evtl auch ideelle Aspekte (MüKo/Lieder § 2120 Rz 8). Stets ordnungsgemäß ist kraft Gesetzes (§ 2120 1) die Erfüllung von Nachlassverbindlichkeiten, also solcher aus lebzeitigen Verpflichtungen des Erblassers und letztwilligen Anordnungen.

 

Rn 4

Die Aufnahme von Kredit zur Verwendung für den Nachlass entspricht idR nicht der ordnungsgemäßen Verwaltung, wenn Zins und Tilgung aus der Substanz des Nachlasses geleistet werden müssen (BGHZ 110, 176, 180 für den Kauf eines Grundstücks trotz dessen Surrogation in den Nachlass). Dasselbe gilt, wenn er zwar in den Nachlass verwendet werden soll, der Vorerbe dabei jedoch einen unangemessenen Aufwand treibt oder keine Vorkehrungen (Treuhänder, BGH NJW 93, 1583 [BGH 16.03.1993 - XI ZR 103/92]) gegen eine Verwendung der Darlehensvaluta in sein Eigenvermögen trifft (BGHZ 110, 175, 180/181).

 

Rn 5

Zu Verfügungen, die der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses widersprechen, kann der Vorerbe die Zustimmung des Nacherben nicht verlangen, auch nicht der befreite Vorerbe (RGZ 148, 391); § 2120 erweitert die Verfügungsbefugnis des Vorerben nicht. Nicht ordnungsgemäß sind idR unentgeltliche Verfügungen, ferner solche, die eine Benachteiligung des Nacherben bezwecken (RGZ 70, 132; vgl § 2138). Fraglich ist, ob die Zustimmung des Nacherben den Vorerben von der Sorgfalt entbindet, die er nach § 2120 schuldet (dagegen Soergel/Harder/Wegmann § 2120 Rz 1; MüKo/Lieder § 2120 Rz 4; dafür RGZ 148, 391).

C. Rechtsstellung des Dritten.

 

Rn 6

Die Verpflichtung zur Zustimmung besteht grds nur ggü dem Vorerben, nicht ggü dem Dritten, zu dessen Gunsten der Vorerbe verfügt. Der Vorerbe kann dem Dritten aber den Anspruch abtreten (Soergel/Harder/Wegmann § 2120 Rz 10). Der Dritte kann dem Herausgabeanspruch des Nacherben dessen Zustimmungspflicht aus § 2120 entgegenhalten.

D. In Betracht kommende Nacherben.

 

Rn 7

Mehrere Nacherben, auch im Staffelverhältnis, müssen alle zustimmen (Soergel/Harder/Wegmann § 2120 Rz 9), Ersatznacherben hingegen nicht. Für unbekannte Nacherben ist ein Pfleger zu bestellen, der evtl seinerseits zur Zustimmung die Genehmigung des Familiengerichts benötigt (§ 1821 iVm §§ 1799 I, 1850 nF). Im Fall des § 2222 muss der Testamentsvollstrecker zustimmen.

E. Beweislast.

 

Rn 8

Die Beweislast für die Anspruchsvoraussetzungen liegt grds beim Vorerben. Er muss also insb die Ordnungsmäßigkeit der Verfügung beweisen.

F. Form.

 

Rn 9

Auf Verlangen des Vorerben muss der Nacherbe die Zustimmung in öffentlich beglaubigter Form erteilen (§ 2120 II). Eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung des Vorerben, die Zustimmung zur Verfügung über ein Grundstück zu erteilen, bedarf der notariellen Beurkundung analog § 311b I (BGH MDR 72, 496).

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