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Die Aufrechnung entfaltet die Wirkung einer privaten Selbstexekution. Folgerichtig ordnet § 394 ein Aufrechnungsverbot ggü unpfändbaren Forderungen an. Das gilt grds für alle Pfändungsverbote mit Ausnahme der in S 2 angesprochenen Aufrechnung mit Ansprüchen auf Zahlung von Beiträgen gegen an sich unpfändbare Ansprüche gegen Kranken-, Hilfs- oder Sterbekassen. Mit der Grundregel in S 1 soll va im öffentlichen Interesse erreicht werden, dass der Gläubiger der unpfändbaren Forderung nicht den Sozialkassen und der Allgemeinheit zur Last fällt. Der Staat darf für die wirtschaftliche Existenzvernichtung des Schuldners nicht die Hand reichen (RGZ 105, 105; 133, 249, 256). Die Vorschrift enthält deshalb zwingendes Recht (BGH NJW 99, 3264; RGZ 146, 398, 401) und sollte entgegen einer jüngeren Rechtsprechungstendenz ihrer Zwecksetzung gem auch nur zugunsten des Schuldners, nicht nach einem Anspruchsübergang auf den Sozialleistungsträger gelten (BGHZ 35, 317; aA für BGH NJW 13, 2592; BAG EzA § 115 GewO Nr 5; AP Nr 1 zu § 115 SGB X). Über die sozialen Pfändungsschutzvorschriften hinaus bezieht sich die Bestimmung nach ihrem Wortlaut und Zweck damit zugleich auf andere Pfändungsverbote. Das sind insb solche, die wegen des höchstpersönlichen Charakters einer Forderung erlassen sind oder die im allgemeinen Interesse liegen (BGHZ 130, 76). Letzteres gilt auch, soweit durch das Pfändungsverbot Forderungen haftungsrechtlich allein der Gesamtheit aller Gläubiger zur gemeinschaftlichen Befriedigung zugewiesen werden sollen. Die Aufrechnung soll – von den Fällen des Verstoßes gegen Treu und Glauben abgesehen – regelmäßig nicht in weitergehendem Umfange erlaubt sein als die Pfändung. Gegen bedingt pfändbare Forderungen kann grds nicht aufgerechnet werden (BGH NJW 60, 572, 573; Bambg FamRZ 96, 1487). Nach § 850b II ZPO lässt das Vollstreckungsgericht die Pfändung zu, wenn dies der Billigkeit entspricht. Liegt eine solche Entscheidung vor, greift auch § 394 nicht.

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