Gesetzestext

 

(1) 1Werden vermietete Wohnräume, an denen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet worden ist oder begründet werden soll, an einen Dritten verkauft, so ist der Mieter zum Vorkauf berechtigt. 2Dies gilt nicht, wenn der Vermieter die Wohnräume an einen Familienangehörigen oder an einen Angehörigen seines Haushalts verkauft. 3Soweit sich nicht aus den nachfolgenden Absätzen etwas anderes ergibt, finden auf das Vorkaufsrecht die Vorschriften über den Vorkauf Anwendung.

(2) Die Mitteilung des Verkäufers oder des Dritten über den Inhalt des Kaufvertrags ist mit einer Unterrichtung des Mieters über sein Vorkaufsrecht zu verbinden.

(3) Die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolgt durch schriftliche Erklärung des Mieters gegenüber dem Verkäufer.

(4) Stirbt der Mieter, so geht das Vorkaufsrecht auf diejenigen über, die in das Mietverhältnis nach § 563 Abs. 1 oder 2 eintreten.

(5) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

A. Grundsätzliches.

I. Entstehungsgeschichte.

 

Rn 1

Mit Wirkung zum 1.9.93 wurde auch für den freifinanzierten Wohnungsbau durch das 4. MietRÄndG vom 21.7.93 (BGBl I 93, 1257) das Vorkaufsrecht eingeführt. Vorbild war die für öffentlich geförderten Wohnraum damals (bis 31.12.01) geltende Bestimmung des § 2b WoBindG. (BTDrs 12/3254, 40, Bundschuh ZMR 01, 324 ff). Neu ist das Formerfordernis in § 577 III. Schon § 570b aF sollte nicht alle Verkaufsfälle erfassen (Langhein DNotZ 93, 650, 652).

II. Normzweck, Rechtsfolgen.

 

Rn 2

Die Neufassung des vormaligen § 570b wurde (BTDrs 12/3254, 40) im Wesentlichen damit begründet, dass eine Ausweitung des Vorkaufsrechts zum Schutz auch der Mieter im freifinanzierten Wohnungsbau erforderlich sei (vgl Flomm Hambg GE 93, 321). Die Regelung sollte die Tendenz verstärken, dass der verkaufsbereite Vermieter die Eigentumswohnung in erster Linie seinem Mieter anbietet (Voelskow ZMR 97, 111). § 577 bezweckt, den Mieter bei einer – oft spekulativen – Umwandlung in Wohnungseigentum vor einer Verdrängung aus der Wohnung zu bewahren (Nies NZM 98, 179 f). Grund hierfür war die Beendigung des Streits zwischen dem BGH und dem BVerwG über die Anforderungen an die Abgeschlossenheitsbescheinigung durch den Beschl des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes v 30.6.92 (NJW 92, 3290 = ZMR 93, 25) und die anschließende Antragsflut, die den Umwandlungsdruck speziell in größeren Ballungszentren widerspiegelte (Börstinghaus/Meyer NJW 93, 1353, 1356). § 577 ist als Pendant zu § 566 zu sehen. Gem § 577 hat der Mieter die Möglichkeit zwar nicht des Kaufvertragseintritts (§§ 464 II, 577 I 3; Bub NZM 00, 1093), wohl aber des Zustandebringens eines eigenen Kaufvertrages kraft Gesetzes zwischen ihm und dem Berechtigten. Einem Mieter, der durch Ausübung des Vorkaufsrechts erwirbt, wird eine dem Inhalt des Kaufvertrags entsprechende Rechtsposition verschafft. Er kann sich gegenüber den Miteigentümern nicht auf fortbestehende Nutzungsbefugnisse aus dem erloschenen Mietverhältnis berufen, die mit der Gemeinschaftsordnung nicht in Deckung zu bringen sind (BGH ZMR 16, 771). § 577 III soll den Mieter vor übereilten Entscheidungen schützen (Einsele GS Sonnenschein, 138).

III. Anwendungsbereich und Regelungsgehalt.

 

Rn 3

Vom Anwendungsbereich ausgenommen sind die in § 549 II, III erwähnten Mietobjekte. § 577 regelt ein gesetzliches schuldrechtliches persönliches Vorkaufsrecht des Wohnraummieters; Burballa ZfJR 17, 121. Für den Vermieter/Veräußerer entsteht eine Doppelverpflichtung, dem Erstkäufer ggü sollte für den Fall der Vorkaufsrechtsausübung eine auflösende Bedingung vereinbart werden. Gem § 577 I 3 gelten iÜ die §§ 463 ff analog, nicht aber die §§ 1094–1104 über das dingliche Vorkaufsrecht (Hageböke/Horst DNotZ 19, 345 zum Konkurrenzverhältnis). § 577 II, III enthalten Sonderregelungen. § 577 IV enthält für Erben eine lex spec zu § 473 2. Personell ist das Vorkaufsrecht auf ein Hauptmietverhältnis beschränkt. Dem Untermieter steht auch dann kein Vorkaufsrecht zu, wenn der Hauptmieter es nicht ausüben will (vgl Staud/Rolfs § 577 Rz 12). Das Vorkaufsrecht wird von § 577 I 2 ausgeschlossen bei einem Verkauf an ›Angehörige des Haushalts‹. Es kann nur beim ersten Verkauf nach Umwandlung ausgeübt werden (BGH ZMR 07, 770).

B. Voraussetzung des Vorkaufsrechts.

I. Zeitliche Grenzen, I 3.

 

Rn 4

Die Umwandlung muss – wie auch der Verkauf an den Dritten – nur nach der ›Überlassung‹ (vgl Staud/Rolfs § 577 Rz 14; BGH NZM 16, 540 [BGH 06.04.2016 - VIII ZR 143/15]) des Mietobjekts – die nicht zwingend mit dem Tag des Mietvertragsschlusses zusammenfallen muss – erfolgen, ansonsten ist der Zeitpunkt der Umwandlung selbst ohne Bedeutung (Blank WuM 93, 577). Die ›Begründung des Wohnungseigentums‹ wird erst mit dem Tag angenommen, an dem das Anlegen des Wohnungsgrundbuchs erfolgt, nicht bereits mit Beurkundung der Teilungserklärung (BGH ZMR 17, 302, Bundschuh ZMR 01, 324, 329).

 

Rn 5

Der Beginn der 2-Monatsfrist gem §§ 469 II, 577 I 3 setzt eine vollständige und wahrheitsgemäße Unterrichtung des/aller Mieter(s) voraus (§ 577 II), Mitteilung über den Drittkauf und über dessen Inhalt (§ 469 I) sowie Unterrichtung des Mieters über sein Vorkaufsrecht inkl...

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