Rn 6

Tierhalter ist, wer die Bestimmungsmacht über das Tier hat, aus eigenem Interesse für dessen Kosten aufkommt, den allg Wert und Nutzen des Tieres für sich in Anspruch nimmt und das wirtschaftliche Risiko seines Verlustes trägt (BGH NJW-RR 88, 655, 656 mwN). Nach dem Regelungszweck des § 833 1 (s.o. Rn 1) dürfte es insb auf Eigeninteresse und Nutzungsmöglichkeit ankommen (vgl auch BGH NJW-RR 88, 655 [BGH 19.01.1988 - VI ZR 188/87]). Entscheidend sind die tatsächlichen, nicht die rechtlichen Verhältnisse; Eigentum oder auch nur Eigenbesitz sind für die Haltereigenschaft nicht maßgeblich (BGH VersR 56, 574; NJW-RR 90, 789, 790). Bei Überlassung eines Tieres, zB an einen Mieter, Pächter oder Entleiher, bleibt grds der Überlassende Tierhalter (BGH NJW 77, 2158 [BGH 14.07.1977 - VI ZR 234/75]; 86, 2883, 2884 [BGH 24.06.1986 - VI ZR 202/85]; 87, 949, 950 [BGH 30.09.1986 - VI ZR 161/85]; NJW-RR 88, 655, 656; Hamm NZV 07, 143, 144; Frankf NJW-RR 09, 894 [BGH 16.04.2009 - VII ZR 9/08]). Ausnahmen kommen insb in Betracht bei langfristiger Aufgabe der Nutzung durch den ursprünglichen Halter und Nutzung und Unterhaltung durch einen anderen in dessen eigenem Interesse, zB bei Vermietung eines Reit- oder Dressurpferdes (RGZ 62, 79, 83; BGHZ 55, 96; NJW-RR 88, 655, 656), nicht aber schon bei einer Reitbeteiligung (Schlesw OLGR 07, 768; Nürnbg VersR 17, 1222, 1223, aber ggf Tieraufseherhaftung iSd § 834). Ein Entlaufen des Tieres lässt die Haltereigenschaft nicht entfallen, solange nicht ein anderer das Tier aufnimmt und dadurch Halter wird (BGH NJW 65, 2397; VersR 78, 515), der Halter haftet also auch für alle Folgeschäden nach dem Entlaufen (Brandbg BeckRS 08, 9612).

 

Rn 7

Tierhalter können natürliche oder juristische Personen sein (zB ein Reitverein, Celle VersR 79, 161, oder ein Tierschutzverein, AG Duisburg NJW-RR 99, 1628 f, auch ein Bundesland, Brandbg MDR 09, 633). Ob ein nicht Geschäftsfähiger Tierhalter sein kann, ist str (s insb die Nachw bei Staud/Eberl-Borges § 833 Rz 113) und sollte nach §§ 827 f beurteilt werden (s § 827 Rn 2). § 830 I 2 kann anwendbar sein, zB bei Haltern von Tieren, die zu einer gemeinsamen Herde gehören (München VersR 12, 1267); fraglich ist allerdings, welche Anforderungen dabei an die Eignung des tierischen Verhaltens zur Herbeiführung des schädigenden Erfolgs zu stellen sind. Wegen des Charakters der Haftung nach § 833 1 als Gefährdungshaftung kommt es entscheidend auf das Vorliegen einer Tiergefahr an, das jedoch durch Hilfskriterien ergänzt werden muss. Insofern erscheint es verständlich, wenn mangels besser greifbarer Kriterien insb auf die räumliche Nähe der Tiere zum Verletzungsgeschehen abgestellt wird (München VersR 12, 1267; Staud/Eberl-Borges § 830 Rz 91; aA Kruse VersR 12, 1360, 1363). Sind mehrere Personen zugleich Tierhalter (zB BGH NJW 77, 2158; Köln NJW-RR 99, 1628), haften sie gem § 840 I als Gesamtschuldner (ebenso der Tierhalter und der Tieraufseher iSd § 834). Eine Anwendung von § 830 I 2 erscheint im Einzelfall theoretisch denkbar, dürfte aber praktisch kaum einmal durchgreifen (s nur Ddorf BeckRS 17, 124397; BGH NJW 18, 3439 [BGH 24.04.2018 - VI ZR 25/17] Rz 13 f; zu den Anforderungen § 830 Rn 10).

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