Rn 18

Mangels Rechtswahl ergibt sich das allgemeine Wirkungsstatut aus II. Dieses Statut ist wandelbar (Dutta FamRZ 19, 1390, 1398; RegE BTDrs 19/4852 S 37). Zur Anknüpfung der einzelnen Tatbestandsmerkmale ist daher jeweils auf den Zeitpunkt abzustellen, der für die im Einzelfall konkrete Rechtsfrage relevant ist.

 

Rn 19

Die Ermittlung des gesetzlichen Wirkungsstatuts erfolgt über die in II normierte vierstufige Anknüpfungsleiter: Nr 1 enthält als primären Anknüpfungspunkt den jeweiligen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Ehegatten in einem Staat. Neben dem objektiven Lebensmittelpunkt spielt auch der Aufenthaltswille eine Rolle. Daran kann es ausnahmsweise fehlen, wenn trotz längerer Dauer erkennbar ist, dass der Aufenthalt nur vorübergehend sein sollte (Ddorf FamRZ 18, 1783 m Anm Looschelders u krit Aufs Heiderhoff IPRax 19, 506 [China]). Nachrangig entscheidet nach Nr 2 der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt. ›Gemeinsamer‹ gewöhnlicher Aufenthalt in einem Staat ist auch dann gegeben, wenn die Ehegatten an verschiedenen Orten, jedoch im selben Staat, getrennt leben. Zum Vorliegen von Nr 2 ist zusätzlich erforderlich, dass einer der Ehegatten im Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthalts seinen gewöhnlichen Aufenthalt ununterbrochen beibehalten hat (BGH FamRZ 93, 798).

 

Rn 20

Nach Nr 3 kommt es auf die aktuelle gemeinsame Staatsangehörigkeit an. Bei Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit sind die Besonderheiten zu beachten, welche sich für Staatenlose, Flüchtlinge, anerkannte Asylberechtigte, Volksdeutsche, Aussiedler u Spätaussiedler ergeben (Celle StAZ 12, 81; aA Mayr FamRBInt 13, 51 ff). Sind beide Eheleute anerkannte Asylberechtigte, hat sich jedoch einer von ihnen wieder zu seiner Heimatstaatsangehörigkeit bekannt, fehlt es an einem aktuellen gemeinsamen Personalstatut iSv Nr 3 (vgl Karlsr FamRZ 96, 1146).

 

Rn 21

Haben die Ehegatten eine gemeinsame Staatsangehörigkeit, besitzt jedoch einer von ihnen (oder beide) eine weitere Staatsangehörigkeit, ist die Vorrangregelung des Art 5 I 1 und 2 zu beachten. Das bedeutet, dass in diesem Fall nicht an die gemeinsame – in der Person eines Ehegatten verdrängte – ausl Staatsangehörigkeit angeknüpft werden kann (BGH FamRZ 94, 435).

 

Rn 22

Der Auffangtatbestand der Nr 4 ist heranzuziehen, wenn weder ein gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt (iSv Nr 1, 2) noch eine gemeinsame Staatsangehörigkeit (Nr 3) vorliegt. Dann ist das Recht des Staates berufen, mit dem die Ehegatten auf andere Weise am engsten verbunden sind. Die Feststellung ist individuell u auf die konkreten Umstände bezogen zu treffen (Grüneberg/Thorn Rz 13). Die engste Verbundenheit nur eines der Ehegatten reicht nicht, die Beziehung muss für beide Ehegatten aus dem Verlauf ihrer Ehe, auch nach Eheschließung (BGH FamRZ 19, 1535 zust Anm Looschelders), zu entnehmen sein. Anhaltspunkte sind Ort der Eheschließung, früherer gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt, gemeinsame soziale Bindung an einen Staat durch berufliche Tätigkeit, Geburtsort der Kinder, gemeinsamer Vermögenserwerb in einem Staat, gemeinsam benutzte Sprache, gemeinsame kulturelle Verbundenheit (vgl BGH FamRZ 93, 788), aber auch die Zukunftsplanung (KG FamRZ 07, 1561; Ddorf FamRZ 18, 1783 m Anm Looschelders u Aufs Heiderhoff IPRax 19, 506), wie die Begründung des ersten ehelichen Wohnsitzes (Köln FamRZ 15, 1617). Da Art 14 keine weitere Ersatzanknüpfung zur Verfügung stellt, muss beim Versagen von Nr 1–3 die engste Verbundenheit in jedem Falle festgestellt werden; Nr 4 ist Auffangtatbestand.

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