Rn 9

Die stärksten Eingriffe in das Gesamtsystem des BGB seit seinem Inkrafttreten hat das G zur Modernisierung des Schuldrechts v 26.11.01 (BGBl I 3138) gebracht, das zum 1.1.02 in Kraft getreten ist und zu einer Neubekanntmachung des BGB v 2.1.02 geführt hat (BGBl I 02, 42, ber. 2902 und BGBl I 03, 738). Diese Novellierung war zwar durch drei Richtlinien der EU veranlasst (s.u. § 13 Rn 2 u Vor § 241 Rn 9) ging aber weit darüber hinaus (›große Lösung‹) und wollte insgesamt als eine grundlegende Überarbeitung des gesamten Schuldrechts (sowie des Verjährungsrechts) verstanden wissen werden. Dabei war es das erklärte Ziel des Gesetzgebers, zu einem einfacher handhabbaren und übersichtlicheren Recht zu gelangen (BTDrs 14/6040, S 98; Däubler-Gmelin NJW 01, 2281). Ob dies gelungen ist, darf füglich bezweifelt werden. Jedenfalls hat das deutsche Bürgerliche Recht durch diese Reform einen Europäisierungsschub erhalten, der es zu einer stetigen gesetzlichen Baustelle macht (vgl Dauner-Lieb AnwBl 04, 597, 601 und JZ 04, 1431). Seit Anfang 2002 hat das BGB dementsprechend bis Sommer 2005 bereits 19 weitere Veränderungen erfahren, darunter auch mehrfach Reparaturmaßnahmen zur Schuldrechtsreform. Bis 2016 kamen wichtige Änderungen im Vereinsrecht, im Verjährungsrecht, bei Fernabsatzverträgen, im Recht des Zahlungsverkehrs, im Mietrecht, im Wohnimmobilienkreditrecht, durch das PatientenrechteG, im Familien- und Erbrecht sowie durch das FamFG hinzu. Im Jahre 2017 hat der Gesetzgeber das BGB dreizehnmal geändert, darunter zehnmal zwischen dem 17.7. und dem 20.7.; im Einzelnen durch eine Novellierung des Reiserechts (BGBl I 2394), durch ein neues Bauvertragsrecht (BGBl I 969), durch eine Neufassung des Zahlungsdiensterechts (BGBl I 2446) und durch die Einführung der Ehe für alle (BGBl I 2787). In den Jahren 2018, 2019 und 2020 waren nur kleinere Veränderungen zu beobachten. Dagegen hat der Gesetzgeber im Jahre 2021 das BGB 20-mal(!) geändert, v.a. durch das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts v 4.5.21 (BGBl I 882) – tritt erst zum 1.1.23 in Kraft–, durch das Gesetz über den Verkauf von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags v 25.6.21 (BGBl I 2133), durch das Gesetz zur Umsetzung der RL über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen zu Verbraucherverträgen über digitale Produkte v 25.6.21 (BGBl I 2123), durch das Gesetz zum neuen Stiftungsrecht v 16.7.21 (BGBl I 2947) – tritt erst zum 1.7.23 in Kraft –, durch das Gesetz über faire Verbraucherverträge v 10.8.21 (BGBl I 3433) mWz 1.3.22 und durch das Gesetz über Verträge im elektronischen Rechtsverkehr sowie Online-Marktplätze v 10.8.21 (BGBl I 3483) mWz 28.5.22. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber am 10.8.21 das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) verabschiedet (BGBl I 3436), das allerdings erst zum 1.4.24 in Kraft treten wird. Die Neuregelungen im Kauf- und Verbraucherrecht werden in der Literatur tw schon als neue Schuldrechtsreform (nach der Reform 2001) bezeichnet.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge