Gesetzestext
1Ergibt sich das Gläubigerrecht des Besitzers des Hypothekenbriefs aus einer zusammenhängenden, auf einen eingetragenen Gläubiger zurückführenden Reihe von öffentlich beglaubigten Abtretungserklärungen, so finden die Vorschriften der §§ 891 bis 899 in gleicher Weise Anwendung, wie wenn der Besitzer des Briefes als Gläubiger im Grundbuch eingetragen wäre. 2Einer öffentlich beglaubigten Abtretungserklärung steht gleich ein gerichtlicher Überweisungsbeschluss und das öffentlich beglaubigte Anerkenntnis einer kraft Gesetzes erfolgten Übertragung der Forderung.
Rn 1
Die durch § 1154 geschaffene Möglichkeit der Übertragung der Briefhypothek außerhalb des Grundbuchs wäre sinnlos, wenn gleichwohl (vorbehaltlich entgegenstehender Vermerke auf dem Brief, § 1140) zugunsten eines redlichen Erwerbers weiterhin (nur) der im Grundbuch Eingetragene als Gläubiger gelten würde. § 1155 ist eine Fiktion der Grundbucheintragung des durch eine Abtretungskette ausgewiesenen Briefbesitzers und deshalb ohne Bedeutung, wenn der Berechtigte die Abtretung im Grundbuch hat eintragen lassen. § 1155 geht der Vermutung des § 891 vor; eine Vermutung für die Berechtigung des im Grundbuch Eingetragenen besteht deshalb nicht (Hamm Rpfleger 02, 565). Wer vom legitimierten Briefbesitzer erwirbt, wird in seinem guten Glauben auch dann geschützt, wenn der Brief zuvor abhandengekommen war (BGH NJW-RR 97, 910). Ebenso wenig, wie der Schutz des § 892 davon abhängt, dass der Erwerber das Grundbuch eingesehen hat (§ 892 Rn 15), ist Voraussetzung für § 1155, dass die Abtretungserklärungen dem Briefbesitzer vorgelegt wurden. Die materielle Wirksamkeit der Abtretungserklärungen ist ohne Bedeutung. § 1155 gilt auch im Verhältnis ggü dem GBA, allerdings nur bei Eintragungen, für die der Brief vorzulegen ist (BayObLG NJW-RR 96, 721, 723 [LG Frankfurt am Main 09.05.1995 - 2/11 S 471/94]); der sowohl durch eine Abtretungskette nach § 1155 als auch durch eine in der Form des § 29 GBO erfolgte Abtretung zu seinen Gunsten Legitimierte muss also vom GBA ohne Rücksicht auf die wirkliche Rechtslage eingetragen werden (KG NJW 73, 56, 57f). Der Gläubiger, der im Besitz des Briefes ist und sein Recht nach § 1155 auf das Grundbuch zurückführen kann, steht (auch hinsichtlich der Pfändung der Hypothek; München Rpfleger 15, 199 [OLG München 20.10.2014 - 34 Wx 405/14]) einem im Grundbuch eingetragenen Gläubiger gleich (§ 39 II GBO).
Rn 2
Öffentliche Beglaubigung ist die Beglaubigung durch einen Notar oder eine nach § 63 BeurkG befugte Stelle; die gesiegelte Abtretungserklärung eines öffentlich-rechtlichen Kreditinstituts genügt nicht. Dagegen haben im Inland anzuerkennende ausländische Beglaubigungen die gleiche Wirkung wie die durch einen deutschen Notar. Vollmachten müssen in gleicher Weise öffentlich beglaubigt sein. Sehr umstr ist die Frage, ob auch Fälschungen gutgläubigen Erwerb vermitteln. Das wird teils allg bejaht (so RGZ 93, 41, 43f) oder verneint (so Grüneberg/Herrler Rz 4). Richtigerweise kommt es auf die Art der Fälschung an: Ist der Beglaubigungsvermerk echt, aber die beglaubigte Unterschrift (wegen Täuschung oder Unachtsamkeit des Notars) falsch, ist gutgläubiger Erwerb möglich, nicht dagegen, wenn der Beglaubigungsvermerk gefälscht ist (Lemke/Regenfus Rz 6).
Rn 3
Für den guten Glauben des Erwerbers ist eine vollständige Kette beglaubigter Erklärungen erforderlich, die vom im Grundbuch eingetragenen Gläubiger bis zum Rechtsvorgänger des letzten Erwerbers führt. Weiß der letzte Erwerber, dass ein ordnungsgemäß dokumentierter Übertragungsakt materiell unwirksam war, so schadet ihm das nicht, wenn der folgende Erwerber nach § 1155 gutgläubig erworben hat. Umgekehrt unterbricht ein nicht dokumentierter Übertragungsakt die Kette auch dann, wenn er wirksam war, mit der Folge, dass gutgläubiger Erwerb ausgeschlossen ist, wenn eine nachfolgende (nicht aber eine vor der Unterbrechung erfolgte) Abtretung unwirksam war. Auf den Rechtsakt, durch den der letzte Erwerber die Hypothek erwerben will, bezieht sich § 1155 nicht. Ist dieser also (zB wegen Geschäftsunfähigkeit des Zedenten) unwirksam, geht die Hypothek nicht auf den Erwerber über. Andererseits bedarf die letzte Abtretung für § 892 nicht der öffentlichen Beglaubigung. Fehlt diese aber, gilt die Vermutung des § 891 nicht, auch kann ohne diese der Geltendmachung der Hypothek nach § 1160 widersprochen und der letzte Erwerber nicht in das Grundbuch eingetragen werden (vgl Rn 1). Umstr ist, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Gesamtrechtsnachfolge, insb ein Erbfall, die Reihe der Abtretungserklärungen unterbricht. War der Erblasser Rechtsinhaber, ist Erwerb nach § 1155 sicherlich möglich. Der Erbfall ist für den gutgläubigen Erwerb aber auch unschädlich, wenn der wirkliche Erbe die Kette fortgesetzt hat, das Recht also übergegangen wäre, wenn es beim Erblasser bestanden hätte (Prütting Sachenrecht Rz 689; aA Jauernig/Berger Rz 8); teilw wird – wegen § 2366 – sogar angenommen, die Abtretungskette sei auc...