Gesetzestext
Eine Ehe darf nicht geschlossen werden, wenn zwischen einer der Personen, die die Ehe miteinander eingehen wollen, und einer dritten Person eine Ehe oder eine Lebenspartnerschaft besteht.
A. Eheschließungsverbot.
Rn 1
Bei den Eheverboten der Doppelehe, der Ehe zwischen Verwandten und bei durch Adoption begründeter Verwandtschaft (§§ 1306–1308) handelt es sich um zweiseitige Eheverbote, die sich gg beide Partner richten, wobei allein § 1308 ein relatives Verbot statuiert, von dem Befreiung erteilt werden kann. Das Verbot der Doppelehe schützt den Grundsatz der Einehe, der im Fall eines Verstoßes gem § 172 StGB sanktioniert ist. Einer Heirat derselben Ehegatten steht das Verbot der Doppelehe nicht entgegen (KG FamRZ 22, 1017 [wiederholte Eheschließung]; Köln FamRZ 19, 1551 [zur Umwandlung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft in eine gleichgeschlechtliche Ehe nach § 20a LPartG]). Die Vorschrift wurde durch das EheschlRG mit Wirkung vom 1.7.98 in das BGB eingefügt und gilt uneingeschränkt für alle Eheschließungen, die seit dem 1.7.98 vorgenommen werden (Übergangsregeln Art 226 RGBGB).
Rn 2
Die Norm statuiert ausnahmslos das Verbot der Eheschließung, wenn zumindest einer der Verlobten mit einem Dritten wirksam verheiratet oder verpartnert ist. Als zweiseitiges Verbot gilt es bei Eheschließung im Inland auch dann, wenn ein ausländischer Verlobter nach seinem Heimatrecht mehrere Ehen eingehen darf. Ein vergleichbares Verbot enthält § 1 III LPartG. Ändert ein Beteiligter einer eingetragenen Lebenspartnerschaft seine personenstandsrechtliche Geschlechtszugehörigkeit und schließt danach mit dem anderen Beteiligten dieser Lebenspartnerschaft eine Ehe, so erlischt die Lebenspartnerschaft, ohne dass es eines besonderen Aufhebungsverfahrens bedarf (Nürnbg FamRZ 16, 154). Das nach niederländischem Recht bestehende Ehehindernis der registrierten Partnerschaft zwischen einem Niederländer und einer Deutschen steht deren Eheschließung in Deutschland entgegen. Der Antrag auf Befreiung vom Erfordernis der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses ist dann unbegründet, weil es den registrierten Partner zuzumuten ist, zunächst ihre Partnerschaft in den Niederlanden in eine Ehe umzusetzen (KG FamRZ 12, 1495).
Rn 3–4
[nicht besetzt]
B. Wirksamkeitsfrage.
I. Eheschließung seit dem 1.7.98.
Rn 5
Seit dem 1.7.98 bigamisch geschlossene Ehen sind nach § 1314 I aufhebbar, jedoch wirksam bis zur Rechtskraft der Aufhebungsentscheidung (§ 1313; Hamm FamRB 23, 6; BVerfG FamRZ 18, 1624 Rz 63). Für die Vergangenheit bleibt die Ehe gültig (BGH FamRZ 01, 685). Nach dem Tod eines Ehegatten ist eine Aufhebung nicht mehr möglich (§ 131 FamFG; zum Nachweis der Auflösung der Erstehe im Erbscheinsverfahren Dresd ZEV 23, 713). Das Verbot der Doppelehe setzt voraus, dass bei Eheschließung bereits rechtswirksam eine Ehe oder Lebenspartnerschaft bestand und diese nicht rechtskräftig geschieden, aufgehoben oder aufgelöst war (KG FamRZ 16, 1585). Für das Ehehindernis genügen begründete Zweifel auch hinsichtlich einer nach nigerianischem Stammesrecht bestehenden Ehe (Hamm FamRZ 22, 1459). Eine spätere Auflösung der vorangegangenen Ehe berührt die Aufhebung der zweiten Ehe – mit Ausn des § 1315 II Nr 2 – nicht mehr, auch eine Heilung durch Fortsetzung der zweiten Ehe ist ausgeschlossen (BGH FamRZ 64, 418). Ob eine im Ausland erfolgte gerichtliche Ehescheidung oder Privatscheidung oder Eheaufhebung wirksam ist, beurteilt sich nach der Brüssel IIa-VO bzw nach Art 17 Abs 2 EGBGB. Bis eine ausländische Entscheidung zur Nichtigkeit einer zuvor geschlossenen Ehe nach § 107 FamFG anerkannt ist, besteht ein Ehehindernis (AG München StAZ 23, 85).
Rn 6
Die Doppelehe ist eine wirksame Ehe, die auf Antrag (§ 1314 I Nr 2) mit Wirkung für die Zukunft aufhebbar ist. Zur Aufhebung der bigamischen Ehe antragsberechtigt sind nach § 1316 I Nr 1 jeder Ehegatte, die zuständige Verwaltungsbehörde und ›die dritte Person‹, also der Partner der vorangehenden Ehe, soweit sich der Antrag nicht als unzulässige Rechtsausübung darstellt (BGH FamRZ 02, 604). Das BVerfG (Beschl 25.9.12 Az 1 BvL 6/11 juris) hat eine Richtervorlage zur Frage der Vereinbarkeit der Vorschrift mit Art 6 GG als unzulässig zurückgewiesen. Zu den Folgen einer rechtskräftigen Aufhebung vgl § 1318.
Rn 7
Nach erfolgter Eheaufhebung ist der Versorgungsausgleich zugunsten des unwissenden Ehegatten durchzuführen, soweit ein Ausgleich der Anrechte nicht nach § 1318 III grob unbillig ist (Hamm NJW-RR 22, 1659 [OLG Hamm 09.06.2022 - 4 UF 158/20]).
Rn 8
Die gegen das Verbot der Doppelehe verstoßende Eheschließung kann nach § 1315 II Nr 1 geheilt und damit für den Fall deren Aufhebbarkeit ausgeschlossen sein, dass bei Eingehung der zweiten Ehe eine Scheidungs- oder Aufhebungsentscheidung bgzl der früheren Ehe bereits ausgesprochen, jedoch noch nicht rechtskräftig war. Mit dessen Rechtskraft ist die Aufhebung der späteren Ehe ausgeschlossen. Ein weiterer, allerdings eingeschränkter Ausschluss der Aufhebbarkeit folgt aus §§ 1319, 1320. Nach § 1319 I können weder die Partner der bigamischen Ehe noch der frühere E...