Gesetzestext
(1) 1Eine Willenserklärung gilt auch dann als zugegangen, wenn sie durch Vermittlung eines Gerichtsvollziehers zugestellt worden ist. 2Die Zustellung erfolgt nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung.
(2) 1Befindet sich der Erklärende über die Person desjenigen, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben ist, in einer nicht auf Fahrlässigkeit beruhenden Unkenntnis oder ist der Aufenthalt dieser Person unbekannt, so kann die Zustellung nach den für die öffentliche Zustellung geltenden Vorschriften der Zivilprozessordnung erfolgen.2Zuständig für die Bewilligung ist im ersteren Falle das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Erklärende seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes seinen Aufenthalt hat, im letzteren Falle das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Person, welcher zuzustellen ist, den letzten Wohnsitz oder in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes den letzten Aufenthalt hatte.
A. Normzweck.
Rn 1
Um das Übermittlungsrisiko zu begrenzen, ermöglicht § 132 die Zustellung der Willenserklärung als Ersatz des Zugangs. Während die Zustellung nach § 132 I durch Vermittlung eines Gerichtsvollziehers im Belieben des Erklärenden steht, ist die öffentliche Zustellung nach § 132 II an zusätzliche Voraussetzungen gebunden. Verlangt das Gesetz Kenntnis von einer Erklärung (§ 407, nach BAG NJW 85, 824 [BAG 09.08.1984 - 2 AZR 400/83], auch für die arbeitsrechtliche Abmahnung), wird die Kenntnis nicht durch die Zustellung ersetzt (RGZ 87, 417).
B. Zustellung durch Vermittlung eines Gerichtsvollziehers, § 132 I.
Rn 2
Stets hat der Erklärende das Recht, die Zustellung durch Vermittlung eines Gerichtsvollziehers zu wählen. Ein Anwalt kann bei einer befürchteten Zugangsvereitelung dazu verpflichtet sein (Nürnbg NJW-RR 91, 414). Die Zustellung ggü einem nicht voll Geschäftsfähigen ist an den gesetzlichen Vertreter zu richten (§ 131 Rn 3 ff). Eine Zustellung im Parteiauftrag ohne Vermittlung eines Gerichtsvollziehers begründet nach § 132 I 1 nicht die Zugangswirkung (BGHZ 67, 277). Die Zustellung erfolgt gem § 132 I 2 nach den Vorschriften der §§ 192 ff ZPO. Der Gerichtsvollzieher ist binnen drei Tagen zur Zustellung verpflichtet, in eilbedürftigen Sachen auch schneller, §§ 52 Nr 1, 22 Nr 1 GVGA. Er kann gem § 194 ZPO die Post mit der Zustellung beauftragen; zur Ersatzzustellung §§ 191, 178 ff ZPO. Die Erklärung muss in der vorgeschriebenen Form zugestellt werden. Zur Erfüllung der Schriftform genügt nicht die Zustellung einer beglaubigten Abschrift (so noch BGH NJW 67, 824 [BGH 25.01.1967 - VIII ZR 173/64]). Die Zustellungskosten sind verhältnismäßig gering. Eine persönliche Zustellung durch den Gerichtsvollzieher kostet gem GVKostG KV Nr 100 EUR 10,00, sonst nach GVKostG KV Nr 101 EUR 3,00, zzgl insb der jeweiligen Auslagen, so gem GVKostG KV Nr 701 für Zustellungen mit Zustellungsurkunde in voller Höhe, der Pauschale für die Benutzung eigener Beförderungsmittel nach GVKostG KV Nr 710 von EUR 6,00 und das Wegegeld aus GVKostG KV Nr 711 etwa für bis zu 10 km von EUR 3,25.
C. Öffentliche Zustellung, § 132 II.
Rn 3
Eine öffentliche Zustellung erfolgt nach den §§ 185 ff ZPO und erfordert entweder eine unverschuldete Unkenntnis über die Person des Empfängers (unbekannter Erbe) oder eine Unkenntnis über den Aufenthaltsort des Empfängers, wofür die Anforderungen aus § 185 Nr 1 ZPO gelten. Die erschlichene öffentliche Zustellung ist wirksam, doch kann ihr der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegenstehen (BGHZ 64, 8; KG NJW-RR 06, 1381). Prozessual ist sie unwirksam, wenn die Fehlerhaftigkeit für das Gericht erkennbar war (BGHZ 149, 323; BGH NJW 07, 303), doch ist dies auf den Zugang nicht übertragbar.