Rn 12
IÜ kann das FamG gem II 3 Hs 1 einem Elternteil die Vertretung für einzelne Angelegenheiten oder einen bestimmten Kreis von Angelegenheiten entziehen, wenn dies gem § 1789 II bei einem Vormund veranlasst wäre. Voraussetzung dafür ist, dass die konkrete Gefahr einer Interessenkollision besteht, die den Elternteil objektiv hindert zugleich die Interessen des Kindes wahrzunehmen. Das Vertretungsrecht darf nur dann und insoweit entzogen werden, wie ein erheblicher Interessengegensatz besteht und nicht erwartet werden kann, dass der betreffende Elternteil trotzdem im Interesse des Kindes handelt (Brandbg FamRZ 11, 1305). Dabei ist auch zu berücksichtigen, welche Auswirkungen der Interessengegensatz auf den Familienfrieden hat (Grüneberg/Götz § 1629 Rz 15). Der erhebliche Interessengegensatz kann sich bei dem anderen Elternteil, der nicht unmittelbar betroffen ist, aus einem gleichgelagerten eigenen Interesse ergeben (Köln NJWE-FER 00, 231). Die alleinsorgeberechtigte Mutter ist aber an der Entscheidung über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts ihres Kindes gem § 52 II 2 StPO nicht gehindert, wenn sie nicht Beschuldigte, sondern Geschädigte der fraglichen Straftat ist (Karlsr FamRZ 13, 45). Interessengegensatz iSd § 1789 II besteht zwischen wegen Kindesmissbrauch angeklagten Vater und Kind für Entscheidung über den Nebenklageanschluss; dagegen nicht zwingend bei Mutter (Bambg FamRZ 20, 1382). Da es sich um einen Eingriff in das Elternrecht handelt, ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Daher hat das Gericht vor Entziehung der Vertretungsbefugnis in jedem Fall zu prüfen, ob dem Interessengegensatz nicht durch mildere Maßnahmen begegnet werden kann. In Betracht kommt etwa die Bestellung eines Verfahrensbeistands, wenn dadurch die Kindesinteressen wirksam vertreten werden können (BGH FamRZ 11, 1788, 1790; 12, 436). Auch ist von einer Entziehung der Vertretungsmacht abzusehen, wenn trotz Interessenwiderstreits zu erwarten ist, dass der Sorgerechtsinhaber dennoch im Interesse seines Kindes handeln wird (Karlsr FamRZ 13, 45, 46; Nürnbg FamRZ 22, 1853). Ein Interessengegensatz liegt nicht schon deshalb vor, weil der unterhaltspflichtige Elternteil die Kinder wegen der Unterhaltsforderungen in einen Loyalitätskonflikt bringt (Frankf FamRZ 18, 827); wohl aber wenn die Mutter auch Testamentsvollstreckerin des ererbten Vermögens ihres Kindes ist (Köln FamRZ 19, 704). Die Doppelstellung als Testamentsvollstrecker einerseits und gesetzlicher Vertreter der minderjährigen Erben andererseits führt nicht generell zu einem erheblichen Interessengegensatz (München FamRZ 22, 1853).
Rn 13
Gem II 3 Hs 2 kann das Vertretungsrecht für die Vaterschaftsfeststellung der Mutter nicht entzogen werden. Ohne diese Regelung käme ggü einer Mutter, die die Vaterschaftsfeststellung unterlässt, insoweit der Entzug des Sorgerechts in Betracht mit der Folge der Antragstellung durch den Ergänzungspfleger. Dies stünde aber im Gegensatz zu der Absicht des Gesetzgebers, die er mit der Abschaffung der Amtspflegschaft verfolgt hat (vgl Grüneberg/Götz § 1629 Rz 21). Nunmehr kann der Mutter das Sorgerecht im Hinblick auf den unterlassenen Vaterschaftsfeststellungsantrag nur dann entzogen werden, wenn die Voraussetzungen des § 1666 erfüllt sind. Dies bedarf einer sorgfältigen Prüfung. Zwar ist im Normalfall von einem natürlichen Interesse des Kindes an der Feststellung seiner wirklichen Abstammung auszugehen (BGH NJW 72, 1708; Stuttg FamRZ 83, 831). Doch war bereits nach altem Recht anerkannt, dass der Mutter nur dann das Sorgerecht teilweise entzogen werden darf, wenn im konkreten Einzelfall Umstände festgestellt werden, aus denen sich ein erheblicher Interessengegensatz zwischen Mutter und Kind ergibt (Stuttg FamRZ 83, 831; BayObLG FamRZ 94, 1196; FamRZ 99, 737f). Umso mehr muss dies für die Annahme der Voraussetzungen des § 1666 gelten. Gegen die Feststellung der Vaterschaft könnten die Umstände der Zeugung (Vergewaltigung, Inzest) oder die günstigere unterhalts- oder erbrechtliche Situation sprechen (Grüneberg/Götz § 1629 Rz 21).