Gesetzestext
(1) Der Vormund hat die Pflicht und das Recht, für die Person und das Vermögen des Mündels zu sorgen. Ausgenommen sind Angelegenheiten, für die ein Pfleger bestellt ist, es sei denn, die Angelegenheiten sind dem Pfleger mit dem Vormund zur gemeinsamen Wahnehmung übertragen.
(2) Der Vormund vertritt den Mündel. § 1824 gilt entsprechend. Das Familiengericht kann dem Vormund die Vertretung für einzelne Angelegenheiten entziehen. Die Entziehung soll nur erfolgen, wenn das Interesse des Mündels zu dem Interesse des Vormunds, eines von diesem vertretenen Dritten oder einer der in § 1824 Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Personen in erheblichem Gegensatz steht.
(3) Für Verbindlichkeiten, die im Rahmen der Vertretungsmacht nach Absatz 2 gegenüber dem Mündel begründet werden, haftet der Mündel entsprechend § 1629a.
A. Normzweck.
Rn 1
Die Norm beschreibt den der elterlichen Sorge nachgebildeten Inhalt der Vormundschaft. Dem Vormund obliegt die gesamte Personen- und Vermögenssorge einschließlich der Vertretung des Mündels auf beiden Gebieten (I 1). Lediglich in den Aufgabenbereichen, für die ein Pfleger bestellt ist (§§ 1776, 1777, 1809 I 1), ist der Vormund idR nicht zur Vertretung berechtigt, es sei denn, dass Angelegenheiten dem Pfleger ausdrücklich zur gemeinsamen Wahrnehmung mit dem Vormund übertragen worden sind (s § 1777 II). Er hat die Vormundschaft in erster Linie im wohlverstandenen Interesse des Mündels auszuüben (§ 1788), soweit damit vereinbar, darf er bei seiner Amtsführung darüber hinaus auch die Interessen der Familie des Mündels berücksichtigen (vgl § 1855 Rn 4). Bei der Ausübung des Sorgerechts gilt der Grundsatz der Selbstständigkeit des Vormunds, dh, er bedarf mit Ausnahme der gesetzlich bestimmten Fälle grds nicht der Mitwirkung Dritter (BGHZ 17, 118, 120; BGH DNotZ 67, 320), vgl § 1802. Dieser Grundsatz wird jedoch in mehrfacher Hinsicht modifiziert: Für Geschäfte, bei denen eine generelle Gefahr der Interessenkollision besteht, kann der Vormund den Mündel nicht vertreten (§§ 1798, 1824) oder ist in seinen Handlungsmöglichkeiten eng beschränkt (vgl §§ 1836 ff). Zum Schutz des Mündelvermögens bestehen darüber hinaus weitere Genehmigungserfordernisse (§§ 1855 ff, 1833 ff). Schließlich ist der Vormund der Aufsicht des FamG unterworfen (§ 1802 II). Unterstützt wird der Vormund bei seiner Tätigkeit vom Jugendamt (§ 53 II SGB VIII). Für schuldhaft herbeigeführte Schäden haftet er dem Mündel auf Ersatz (§§ 1794, 1826). Der Mündel hat ggü dem Vormund die Verpflichtung zur Zahlung von Auslagenersatz (§ 1808 I, 1877 ff) und ggf einer Vergütung (§ 1808 II; §§ 1 ff VBVG). II beschränkt die Haftung des Mündels aus durch den Vormund iR seines Amtes begründeten Verbindlichkeiten auf das bei Volljährigkeit vorhandene Vermögen (§ 1629a I).
B. Personensorge.
Rn 2
Die sorgerechtlichen Befugnisse in diesem Bereich bestimmen sich nach §§ 1795 ff. Besondere Rücksicht ist auf das religiöse Bekenntnis des Mündels zu nehmen, vgl § 1788 Nr 4. Die tatsächliche Personensorge kann jedoch durch das Nebensorgerecht der Eltern nach § 1673 II beschränkt sein. Besteht die Vormundschaft wegen der beschränkten Geschäftsfähigkeit eines minderjährigen Elternteils, so bleibt also diesem neben dem Vormund die um die gesetzliche Vertretung geminderte tatsächliche Sorge, dh bei Meinungsverschiedenheiten mit dem Vormund in diesem Bereich geht die Meinung des minderjährigen Elternteils vor (§ 1673 II 3). Mit der Verheiratung des Mündels verliert der Vormund die Personensorge (§ 1633). Für die Erziehung des Mündels (I 2) gelten die Maßstäbe des § 1788. In diesem Rahmen ist der Vormund auch zu Anordnungen befugt, mit denen der Mündel nicht einverstanden ist (Staud/Veit § 1793 aF Rz 22 ff; vgl BGH FamRZ 67, 620, 623). Lebt der Mündel längere Zeit im Haushalt des Vormunds (s § 1791), ist er diesem ggü, wie sonst auch den Eltern, zu gegenseitigen Beistand und Rücksicht (§ 1618a) und zur Dienstleistungspflicht in Haushalt und Geschäft (§ 1619) verpflichtet. Für die Haftung gilt dann die Haftungserleichterung des § 1664 in gleichem Umfang wie ggü seinen Eltern.
C. Vermögenssorge.
Rn 3
Die tatsächliche Vermögenssorge wird in den §§ 1835–1842 näher ausgestaltet. Ziel ist es, das Vermögen des Mündels bis zu dessen Volljährigkeit zu erhalten und soweit möglich zu mehren, daher wird der Vormund verpflichtet, das vorgefundene Vermögen sicher und möglichst rentabel anzulegen (RG 137, 320), er darf aber auch den Vermögensstamm angreifen, wenn dies für die Finanzierung einer angemessenen Ausbildung des Mündels erforderlich ist (BGH MDR 67, 473). Die Vermögensverwaltung erstreckt sich auf das ganze vorgefundene Vermögen, soweit die Verwaltungszuständigkeit für Vermögensteile nicht ausdrücklich anderen Personen zugeordnet ist, wie etwa einem Nachlassverwalter (§ 1984), einem Testamentsvollstrecker (§ 2205); dem Ehegatten (§§ 1487, 1422) oder einem Pfleger (§ 1789). Der Vormund hat das Besitzrecht am Vermögen des Mündels und kann daher darauf Zugriff nehmen bzw es durch einen vom FamG beauftragten Gerichtsvollzieher...