Prof. Dr. Maximilian Zimmer
Rn 14
Die Gesamtrechtsnachfolge tritt kraft Gesetzes durch einen einheitlichen Rechtsakt hinsichtlich des gesamten Nachlasses ein. Im Zweifel ist von einer Vererblichkeit der Vermögenswerte auszugehen, was durch Auslegung der die Erbfolge regelnden Vorschriften zu ermitteln ist (BGHZ 70, 227). Eine Vererblichkeit ist nur dann ausgeschlossen, wenn es sich um ein höchstpersönliches Recht handelt (Rn 48) oder aber die Übertragung des Rechts durch Gesetz ausgeschlossen ist. Der Erblasser ist dabei nicht berechtigt, eine Nachlassaufteilung in einer Verfügung von Todes wegen vorzunehmen, und zwar in unterschiedliche Vermögensmassen bzw Einzelgüter (BayObLG FamRZ 04, 1606). Der Übergang als Ganzes erfasst auch die Nachlassverbindlichkeiten.
Rn 15
Vom Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge gibt es einige Ausnahmen, so dass einzelne Vermögenswerte oder Rechte des Erblassers im Wege der Sondererbfolge auf den Erben oder Dritte übergehen. Dadurch entstehen zwei rechtlich selbstständige Vermögensmassen, wobei jeder Nachlassteil als eigenständiger Nachlass zu behandeln ist (BGHZ 24, 352). Zu diesen Ausnahmen gehören neben der Sondererbfolge in den Gesellschaftsanteil des persönlich haftenden Gesellschafters einer Personengesellschaft (Rn 25 ff) vor allem folgende Fälle:
1. Mietvertrag.
Rn 16
Von der Sondererbfolge, bei der der Rechtsnachfolger zum Erben und der vererbte Gegenstand zum Nachlass gehört, ist die Rechtsnachfolge in einzelne Rechte des Erblassers zu unterscheiden: Nach §§ 563 ff treten, unabhängig von der Erbfolge, der Ehegatte, der Familienangehörige oder der Lebensgefährte in das Mietverhältnis ein, wenn sie mit dem Mieter in einer Wohnung lebten (zur Zwecksetzung vgl § 563 Rn 2; zu Besonderheiten nach § 566 vgl Grunewald ZEV 23, 643). Lehnen die Eintrittsberechtigten fristgerecht den Eintritt in das Mietverhältnis ab, gilt der Eintritt nach § 563 III als nicht erfolgt. Die Ablehnung aller Berechtigten führt gem § 564 zur Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Erben, er hat jedoch das Kündigungsrecht aus § 564 2 (iE § 563 Rn 26; die bis dahin entstandenen und die sich aus dem fortgesetzten Mietverhältnis ergebenden Verpflichtungen sind jedoch Nachlassverbindlichkeiten (BGH NJW 13, 933 [BGH 23.01.2013 - VIII ZR 68/12]; BGH ZEV 20, 29 [BGH 25.09.2019 - VIII ZR 138/18]; vgl § 1967 Rn 6), wenn das Mietverhältnis innerhalb der Frist des § 564 2 beendet wird (§ 563 Rz 20), dies gilt auch für Zeiten darüber hinaus, wenn der Erbe vom Sonderkündigungsrecht keinen Gebrauch macht. Die persönliche Haftung des Erben tritt jedoch im Hinblick auf die unterlassene Räumung nach § 985 nach Beendigung des Mietverhältnisses ein (BGH WuM 19, 652 [BGH 25.09.2019 - VIII ZR 122/18]). Demgegenüber erlöscht der Heimvertrag nach § 8 VIII HeimG und den landesrechtlichen Wohn- und Betreuungsgesetzen mit dem Tod des Erblassers ohne dass es einer Kündigung bedarf.
2. Höferecht.
Rn 17
Nach § 4 HöfeO fällt der Hof unmittelbar in das Eigentum eines Miterben als Hoferbe (Soergel/Fischinger § 1922 Rz 120). Die in einigen Bundesländern geltende HöfeO bewirkt gleichwohl keine Nachlassspaltung, der Hof wird vielmehr Bestandteil des Gesamtnachlasses, jedoch mit der Besonderheit, dass er sofort im Wege einer gesetzlichen Erbauseinandersetzung dem Hoferben anfällt (Lüdke/Handjery/v. Jeinsen, HöfeO § 4 Rz 4).
Rn 18
Der zum Hoferben Berufene wird nach §§ 5 ff HöfeO bestimmt, er kann also entweder vom Erblasser bestimmt werden oder er wird gesetzlicher Hoferbe, wobei auch hier ›nichteheliche‹ Kinder den ehelichen Kindern gleichgestellt sind, (vgl Krug DNotZ 11, 321; Wöhrmann § 5 Rz 24).
Rn 19
Auch die Betriebszuweisung nach GrdstVG bzw nach HöfeO ist eine besondere Form der Erbauseinandersetzung und führt ebenfalls zu einer Bevorzugung des Hoferben und zu einer Benachteiligung der anderen Miterben (Grüneberg/Weidlich § 1922 Rz 10).
3. Erbrecht in der ehemaligen DDR.
Rn 20
Bezüglich des Erbrechts im Gebiet der ehemaligen DDR eines zwischen dem 1.7.76 und dem 3.10.90 Verstorbenen tritt Nachlassspaltung ein (vgl Art 235 § 1 EGBB). Dies gilt insbes dort, wo Grundbesitz in der ehemaligen DDR in den Nachlass gefallen ist.